Interview: Lea Susemichel

Hannah Gadsby hat in ihrer viel beachteten Comedyshow „Nanette“ gesagt, dass queerer Humor letztlich immer auf die eigenen Kosten gehe, weil jede Form von Selbstironie eine weitere Selbstverletzung und -herabwürdigung sei. Auch die klassische Comedy-Dramaturgie, die auf das erlösende Lachen am Schluss abzielt, sei mit vielen queeren Erzählungen unvereinbar, weil die eben oft gar nicht zum Lachen sind. Seht ihr das anders?
Denice Bourbon: Ja und nein. Denn Selbstironie kann auch sehr selbstermächtigend wirken. Wenn du über die Scheiße in deinem Alltag sprichst, kann das ein Zeichen von Stärke sein, und wenn du diese Erlebnisse mit einem Publikum teilst, kann das für alle empowernd sein. Wir haben ein großes queeres Publikum, und gemeinsam über geteilte Erfahrungen zu lachen, stärkt uns, weil es uns zeigt, dass wir nicht alleine damit sind.
Josef Jöchl: Hannah Gadsby spricht aber einen wichtigen Punkt an. Denn bei Selbstironie muss man schon sehr aufpassen, was die persönliche Grenze ist: Was gebe ich von mir preis, was ist zu intim? Da gibt es definitiv ein too much.

©Ari-Yehudit-Richter

 Das bedeutet, dass euer Humor überall funktionieren würde?
DB: Ich arbeite mit so vielen Codes, da muss ich einfach ein queerfeministisches Grundwissen voraussetzen kännen. Jedes Mal, wenn ich versucht habe, für ein straightes Publikum zu spielen, bin ich gescheitert. Es interessiert mich aber ehrlich gesagt auch gar nicht, eine zugängliche Comedy zu machen, die die breite Masse verstehen kann.
JJ: Mir geht’s ähnlich, wir brauchen unser linkes, queeres Publikum, das Begriffe wie Heteronormativität kennt. Insofern ist unser queeres Publikum ein Geschenk. Die Leute kommen in erster Linie aus politischen Gründen und finden uns sympathisch. Und dann sind wir auch noch lustig! Aber sie lachen auch, wenn wir nur so mittellustig sind.

Humor auf eigene Kosten ist generell charakteristisch für marginalisierte Gruppen, Humorstrategien von Frauen z. B. sind traditionell anders, weniger aggressiv. …