Von Katja Musafiri

Kürzlich gab es einigen Wirbel auf Twitter, weil Schauspieler Will Smith in einem neuen Film die Rolle des Vaters von Tennisstar Serena Williams übernehmen soll. Unter dem Hashtag #Colorism wurde die geplante Besetzung kritisiert. Aber was bedeutet Colorism überhaupt? Wer bei Wikipedia­ nachschlägt,­ findet­ als ­Erklärung­ „discrimination based on skin color“, also die Diskriminierung aufgrund von Hautfarbe. Aber ist das nicht einfach „Rassismus“? Nicht ganz.

Colorism (oder auch Shadeism) basiert zwar auf rassistischen Strukturen und Denkmustern, jedoch bildet hier die „Farbe“, also die Schattierung der Haut, die Grundlage für die Bevorzugung oder Benachteiligung einer Person. Dabei werden Menschen mit hellerem Hautton favorisiert und Menschen mit dunklerer Haut diskriminiert. Dies betrifft nicht nur Entscheidungen wie jene, ob Will Smith für die Darstellung eines weitaus dunkleren Mannes besetzt wird – Studien zufolge hat Colorism auch konkrete Auswirkungen im Justizsystem, auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche, im Gesundheitswesen, in Medien und Politik – also in allen Bereichen der Gesellschaft.

Auch in vielen Ländern Afrikas, Asiens und Südamerikas werden Menschen mit hellerer Haut gesellschaftlich bevorzugt. Und hier haben wir den zweiten wesentlichen Unterschied zu Rassismus: Colorism tritt nicht nur zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen auf, sondern auch innerhalb einer ethnischen Gruppe. Mit ein Grund, weshalb die Thematik sogar innerhalb Schwarzer Communitys stark tabuisiert und die Auseinandersetzung damit sehr emotional und teils schmerzhaft ist. Denn das Gefühl von Einigkeit und Zusammenhalt im gemeinsamen Kampf gegen Rassismus erhält Risse.

Personen mit hellerer Haut fällt es oftmals schwer anzuerkennen, dass sie in einem rassistischen System Privilegien genießen, die Menschen mit dunklerer Haut nicht haben. Rassismuserfahrungen können sich jedoch stark unterscheiden: Geschlecht, soziale Herkunft, sexuelle Orientierung, Religion, Körper, Be_hinderung, regionale Hintergründe oder eben auch der Hautton wirken hier mit hinein.

Betroffene sensibilisieren für Colorism, damit das Problem – genauso wie andere Diskriminierungsformen – gesehen und ernst genommen wird und gleichberechtigte Teilhabe und Chancen möglich werden. Dabei ist Repräsentation ein wesentlicher Punkt. Die kenianische Schauspielerin Lupita Nyong’o ist mittlerweile zum Vorbild für viele Mädchen und Frauen mit einem dunklen Hautton avanciert. Immer wieder betont sie die negativen Auswirkungen herrschender Schönheitsstandards: „Es gab eine Zeit, als auch ich mich nicht schön fühlte. Ich schaltete den Fernseher an und sah nur blasse Haut. Ich wurde wegen meiner nachtfarbenen Haut gehänselt und verhöhnt. Und ich betete zu Gott, dass ich hellhäutiger aufwachen würde“, beschreibt sie ihre einstigen Selbstzweifel.

Mittlerweile hat Nyong’o ein Kinderbuch mit einer Titelheldin geschrieben, die auch dunkle Haut hat, um schon die Kleinsten in Sachen Selbstliebe und Selbstakzeptanz zu unterstützen. Den Begriff Colorism soll übrigens die US-Autorin und Aktivistin Alice Walker geprägt haben. Im 1983 erschienenen Essayband „In Search Of Our Mothers’ Gardens“ benannte sie das Phänomen Colorism erstmals und betonte dabei, dass es, genauso wie Kolonialismus, Sexismus und Rassismus, die Schwarze Gemeinschaft am Vorankommen hindere.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 03/19.