Von Josephine Apraku

Der warme Orangeton des Nachtlichts, noch vor wenigen Monaten stand es unter „nice to have“ auf meiner Baby-Besorgungsliste, verwandelt unser Schlafzimmer in eine wohlige Höhle. Es ist noch früh und ein Teil von mir weigert sich zu schlafen. Dieser Teil ist klein, denn das nächtliche Stillen macht mich müde und so siegt die Vernunft über den innigen Wunsch, unvernünftig zu sein und in der Dunkelheit der Nacht zu schweifen. Ich lese das Buch „The Argonauts“, das eine Freundin mir geschenkt hat – danke D.! – und erfreue mich am gelassenen Ton der Autorin, Maggie Nelson, die liebevoll und intim über Mutterschaft schreibt.

©Tine Fetz

Nachdenklich stimmt mich eine Passage, in der sie das Zusammentreffen mit einem Kollegen beschreibt. Es geht um Mutterschaft und Arbeit, deren Vereinbarkeit und die Blase, in der sie sich mit ihrem Kind befindet. Von ihren Worten fühle ich mich ein bisschen gestreichelt, denn auch ich mag die Blase, in der ich mit dem Babymensch sein kann. Die Stilldemenz tut ihr Übriges dazu und so vergesse ich quasi alles um mich herum. Etwa, dass ich das Brot, das ich in der Hand halte, essen wollte oder dass ich gerade mit dem Handy, das ich so verzweifelt suche, telefoniere. Alles ist ein bisschen uninteressant.

„Shortly after returning to work after having Iggy, I ran into a superior in the cafeteria. He gallantly purchased me my ‚vegan comfort meal‘ and a Naked juice. He asked when my next book would be out; I told him it might take a minute, as I had just had a baby. This sparked a story for him about a colleague he’d once had, a Renaissance studies professor, who allegedly found her newborn so fascinating that for two whole years, her Renaissance research struck her as esoteric and boring. But then, after two years, her interest came back, he said. It came back, he repeated, with a wink.“
– Maggie Nelson, „The Argonauts“

Was ich in den letzten Monaten über mich gelernt habe: wie normal es mir erscheint, produktiv sein zu müssen. Auch an dieser Stelle besteht die Übung darin, Prioritäten zu setzen und Unnötiges loszulassen. Das, was der Kollege beschreibt, erscheint mir als die normale Abwertung von Sorgearbeit, die in unserer Gesellschaft, die vermeintlich nach dem Leistungsprinzip funktioniert, so alltäglich ist. Denn was ist so schlimm daran, dass die alltägliche Lohnarbeit im Lichte dieser neuen Liebe plötzlich schnöde erscheint?

Meine Realität sieht so aus, dass ich versuche, das zu schaffen, was geschafft werden muss. Im Fokus stehen entsprechend das Baby und meine Arbeit. Dabei bin ich im Zwiespalt, denn ich mag meine Arbeit, ich habe sie mir ja selbst geschaffen. Ein bisschen bietet sie mir den Raum, andere Teile von mir auszuleben. Teile, die jetzt gerade mit dem Baby leise sein, Platz auf den hinteren Rängen einnehmen müssen. Andererseits kann das Kind ständig Neues, stetige Entwicklungen, deren Sprünge ich nicht verpassen, nicht missen möchte. Und tatsächlich ist es auch so, dass meine Arbeit auf bestimmte Art müde und mürbe macht, denn wie oft kann Mensch schon Lust haben, ernsthaft gegen Diskriminierung argumentieren zu müssen. Deshalb verfluche ich manchmal, dass ich einer Lohnarbeit nachgehen muss. Darüber fühle ich mich etwas zerrissen.

Was mir in den letzten Monaten auch – erneut! – deutlich wird: wie sehr feministische Kämpfe sich noch immer darum bemühen, dass Frauen* arbeiten gehen und damit letztlich auch vor allem gutes Humankapital sein müssen. Insbesondere als Schwarze Frau, deren Körper schon anders als der weißer Frauen der Arbeit zum Fraß vorgeworfen werden sollte und soll, ist das nicht, wofür ich einstehen will. Ich möchte, dass auch die Blase, die sich so wohlig anfühlt, okay ist. Ich möchte, dass direkt nach der Geburt arbeiten zu gehen okay ist. Ich möchte, dass gar nicht arbeiten okay ist. Ich möchte die Wahl haben und die Unterstützung, die dafür notwendig ist.