Von Isabella Caldart

Walter Benjamin, Franz Hessel, Charles Baudelaire – der Flaneur in der Literatur ist männlich. Das liegt zum einen an der Sichtbarkeit dieser Autoren; ein Blick in den Kanon der Weltliteratur allgemein genügt, um zu sehen, dass diesem hauptsächlich Männer angehören. Andererseits ist das ziellose Schlendern, Flanieren, Spazierengehen, Sich-die-Stadt-Erlaufen für Marginalisierte, seien es Frauen, People of Color oder queere Menschen, in der Tat eine andere Erfahrung. Schließlich können sie sich nicht unbekümmert durch den urbanen Raum bewegen.

Doch langsam kommt Bewegung in die Literatur. Bereits Ende vergangenen Jahres erschien die Übersetzung des Buchs „Flâneuse“, in dem sich Autorin Lauren Elkin durch

mehrere Städte, darunter Paris, New York und Venedig, treiben lässt und zugleich die Wege ihrer literarischen Vorbilder wie Virginia Woolf, George Sand oder Jean Rhys nachzeichnet. Jetzt ziehen Özlem Özgül Dündar, Mia Göhring, Ronya Othmann und Lea Sauer nach. Die vier Leipzigerinnen, die sich vom dort ansässigen Literaturinstitut kennen, haben die Anthologie „Flexen. Flâneusen* schreiben Städte“ herausgegeben, die dreißig Texte – Prosa, Lyrik und Essays – vereint. Diese beweisen, dass Flâneusen mehr sind als nur ein weiblicher Flaneur. Unter anderem Bettina Wilpert, Leona Stahlmann, Svenja Gräfen und Anke Stelling nehmen die Leser*innen an die Hand und zeigen ihnen St. Pauli oder den Wedding, aber auch Jakarta, Mexiko-Stadt und Istanbul. Was die meisten Texte der Anthologie eint: Es geht weniger um das Flanieren selbst denn um die Aneignung öffentlichen Raums.

Aber warum ist das so notwendig? „Es gibt in der Literatur nicht viele Frauenfiguren oder LGBTQ, die das Flanieren in den Fokus rücken“, s…