„Das mit den Locations war nie einfach“, seufzt Violet und damit stecken wir direkt im Thema. Violet, aka Inês Borges Coutinho, ist eine von vier DJs aus Lissabon, die vor etwa zweieinhalb Jahren das Techno- und Rave-Kollektiv mina gegründet haben. „Die erste Party war in einem früheren Bordell“, zählt Violet auf. „Jetzt ist das eine Gin-Bar.“ Gentrifizierung. In einem Satz perfekt illustriert. Bei der zweiten Location machte der Eigentümer Probleme. „Er hatte was gegen unsere Einstellung zu Sex und Drogen und hat einige unserer besten Raver rausgeschmissen“, erzählt Pedro Marum, ebenfalls einer der Gründer und ein von Berliner Queer-Partys gern gebuchter DJ. Für eine Kollaboration mit Resident Advisor hatten diese dann eine alte Fabrik aufgetrieben. „Wir waren total begeistert. Es wäre das perfekte Setting für uns gewesen. Ein paar Tage vor der Party wurde sie abgerissen.“ Nach weiteren Fehlschlägen und dubiosen kurzfristigen Absagen, zog mina raus aus der Stadt. „Richtig weit draußen“, betont Marum. „Sogar noch weiter entfernt als der Flughafen. Wir hatten schon Angst, dass unsere Leute den Weg erst gar nicht auf sich nehmen würden.“ Die Raver kamen. Sogar so viele, dass ein großer Teil an der Tür abgewiesen werden musste. Am Ende bekam der Eigentümer kalte Füße. „Für eine illegale Party war ihm wohl der Hype zu groß“, mutmaßt Violet.
Und seither? Ist das mina-Kollektiv quasi club(heimat)los.

Mina Techno Kollektiv
© Odete Ferreira

Das Ringen des Kollektivs um einen angemessenen Veranstaltungsort spiegelt generelle Probleme der portugiesischen Hauptstadt wider. Wie viele europäische Städte hat Lissabon mit Gentrifizierung zu kämpfen. Während wohlhabende Tourist*innen sich hier günstig ihre Altersresidenz einrichten, leben vor allem junge Kreative in prekären Umständen. „Es ist die gleiche Geschichte wie überall“, meint Violet. „Die Mieten steigen, aber die Gehälter bleiben auf dem gleichen Level. Die Leute hier können sich die Räume für kulturelle Projekte nicht leisten. Das kreative Potenzial dieser Stadt ist riesig, aber es wird einfach nicht unterstützt.“

Die Ursache dafür sehen Marum und Violet in der generell schwachen Wirtschaft Portugals, die zudem noch immer unter den Folgen der großen Rezession während der Wirtschaftskrise leidet. „Das Defizit ist einfach noch zu groß“, erklärt Marum. „Auch wenn die Regierung mittlerweile okay ist, schlägt sich das in der Stadt nicht nieder. Alle Gelder werden in Projekte gesteckt, von denen man sich den größtmöglichen Profit verspricht: AirBnB, Sharing Economy, Tourismus. Die Stadt verkauft sich quasi selbst.“ Wobei sich einige Aspekte etwas gebessert haben, wie Violet eingesteht. Etwa die Arbeitslosenzahlen, die nach unten gegangen sind. Die Strategie der Politik ist in ihren Augen dennoch die Falsche. „Es ist wahnsinnig kurzsichtig“, stimmt Marum zu. „Tourismus hat ein Ablaufdatum. Irgendwann ist der Hype vorbei und Lissabon ist eine ausgehöhlte Stadt.“

Besonders bitter sieht es zudem für das Nacht- und Clubleben aus. Die Lärmschutzmaßnahmen gehörten zu den striktesten i…