Von Kristina Kaufmann

Am Anfang steht die These: Das Leben in einer kapitalistischen Gesellschaft löse im Menschen grundsätzlich eine Psychose aus – einen Zustand der Überforderung angesichts der Fülle an Reizen und Widersprüchen. Die Folge? Eine Übersteigerung unserer Unsicherheiten und Ängste, der Zerfall unserer Beziehungen sowie letztlich auch unserer selbst. „The Competition“ – so nennt Jana Hunter, Kopf und Songwriter*in der Artpop-Gruppe Lower Dens, das beschriebene Phänomen. Der Wettbewerb als Wurzel unseres Übels. „Wir verbringen unsere Zeit damit, um Dinge zu kämpfen, die uns nicht mal ansatzweise so guttun wie ein einziger guter Freund. Und am Ende gibt es nicht mal eine Belohnung.“ Stattdessen blüht einem das Schicksal, von vampirischen Jung-Republikaner*innen buchstäblich bei lebendigem Leib verspeist zu werden.

Missy Magazine 05/19, Musikaufmacher, Lower Dens
©Torso

Das zumindest legt das Video zur Single „Young Republicans“ nahe. Konsum – konsequent

zu Ende gedacht und in eine unwiderstehliche Pophymne gegossen, mit viel Hall und Eighties-Vibe. Für das US-Radio war der Song zu heiß. Er wurde nicht in die Rotation aufgenommen. Hält Trump-Amerika einen vierminütigen Popsong nicht aus? Dabei könnte man wohlig in einer warmen Wall of Sound versinken und die Außenwelt für eine Weile vergessen. Der frühe, oft noch rumpelige Dreampop von Lower Dens ist einem immer komplexeren Soundarrangement gewichen. Ein scheinbar undurchdringlicher Vorhang aus Synthesizern, Klangüberlagerungen und Instrumenten, die in diesem sphärischen Nebel zerfließen wie Aquarellfarbe. In bedächtigeren Songs wie „Hand Of God“ und „Real Thing“ klingen Lower Dens mehr denn je nach Beach House. An anderer Stelle spricht dann eine Dringlichkeit und ein Tatendrang, der die schwerfällige Melancholie ihrer Baltimore-Kolleg*innen eiskalt abschüttelt. Bei all dem politischen Agitationswillen ist „The Competition“ vor allem ein Aufruf zu mehr (Zwischen-)Menschlichkeit. Wenn auch Hunters Lösung…