Von Juliane Streich

Sie sei eine nicht singende Sängerin, hat Kim Gordon mal über sich selbst gesagt. Wenn man sie heute fragt, ob sie sich als Musikerin verstehe, sagt sie: „Das ist mir ziemlich egal. Es ist die Idee, die zählt.“ Und eine dieser guten Ideen war nun – mit 66 Jahren –, ihr erstes Soloalbum aufzunehmen: „No Home Record“ – ein Werk, irgendwo zwischen Noise, Performancekunst, Experimentierfreude und kleinen Filmen im Kopf.
 „Man hört Gordons Musik nicht einfach nur zu, man macht sie durch“, schreibt die US-amerikanische Autorin Elaine Kahn über das Album. Ein Satz, der Kim Gordon gefällt. Sie selbst sitzt auf einem Sofa in einem Londoner Plattenlabelbüro und sagt, dass sie nicht gerne über Musik rede. Also reden wir über Los Angeles, die Stadt, die exemplarisch für vieles steht, was in den USA und der westlichen Welt schön glänzt, aber ganz schön schiefläuft. Die City of Angels ist das große Thema, das sich durch „No Home Record“ zieht. „L.A. ist eine sehr flüchtige Stadt“, sagt Gordon, die in L.A. aufwuchs und immer wieder hierher zurückkam. Auf der einen Seite wohnen dort die sehr Reichen, die ihrem Leben durch Luxus einen Sinn geben

wollen. Und auf der anderen Seite gibt es Zeltstädte von Obdachlosen, an denen Leute vorbeifahren, um ihren Müll abzuladen. „Das Absurdeste, was ich mal gesehen habe“, erinnert sich Gordon, „war eine Amerika-Flagge, die zwischen den Obdachlosenzelten wehte.“ Eine Lösung habe sie nicht, Gordon sieht aber ein großes grundlegendes Problem: „Leute sollten keinen Profit aus solchen elementaren Dingen wie Unterkunft und Essen schlagen können.“ Kapitalismuskritik in einem Satz.

Das Ende des Kapitalismus – oder schlicht die Hipster-Viertel – besingt, oder besser: beflüstert, behaucht, Gordon im letzten Song des Albums mit dem Titel „Get Yr Life Back“. Die Aufschrift „Get Your Life Back Yoga“ habe sie mal auf einem Plastikschild gelesen und zwischen all den grünen Smoothie-Shops lustig gefunden. „L.A. ist der ultimative Ort der Selbstverbesserung“, meint sie. „Weil er so körperorientiert ist.“ In dem Song über all die Optimierungsangebote hat sie auch ihre Lieblingszeile untergebracht: „I f…