Von Muriel Reichmann

Die häufigste Reaktion auf meine Entscheidung, zu Hause zu gebären war: „Wow, das traust du dich? Das wäre mir viel zu unsicher!“ Meistens in einem Tonfall zwischen Bewunderung, Ungläubigkeit und Entsetzen. Dass ich mit dieser Entscheidung eher zur Ausnahme gehörte, merkte ich bereits im Geburtsvorbereitungskurs. Dort wurden wir zu Beginn aufgefordert: „Sagt, wie ihr heißt, ob ihr ein Mädchen oder einen Jungen bekommt und in welcher Klinik ihr gebären werdet.“ Immerhin die erste Frage konnte ich beantworten.

Tatsächlich bringen in Deutschland nur etwa zwei Prozent aller Gebärenden ihre Kinder außerklinisch zur Welt. Der Ort der Wahl, wenn es um Sicherheit geht, ist die Geburtsklinik. Das war nicht immer so: Die Geburtshilfe lag jahrhundertelang in der Hand von Hebammen, bevor sie in der Zeit der Aufklärung zur Geburtsmedizin „erhoben“ wurde. Nicht nur, dass männliche Ärzte fortan das Sagen hatten und Hebammen sowie Schwangere sich entsprechend unterordnen mussten. Auch galt deren Arbeitsort, die Klinik, fortan als professioneller und sicherer als eine Geburt zu Hause. Doch der Anteil von Schwangeren, die zu Hause oder im Geburtshaus gebären, ist auch heutzutage nicht in allen europäischen Ländern so gering. In den Niederlanden beispielsweise entscheiden sich zwei von drei Personen mit einer komplikationsfreien Schwangerschaft für eine außerklinische Geburt.

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Ohne Zweifel gibt es gute Gründe, eine Geburtsklinik aufzusuchen, insbesondere, wenn vor Ort eine neonatologische Station die Versorgung von Neugeborenen in Risikofällen sicherstellt. Vermutlich hätte auch ich bei meiner ersten Geburt den Weg in eine Klinik gewählt – „sicherheitshalber“. Doch immer, wenn meine Schwester aus ihrem Berufsalltag als Hebamme in einer großen Berliner Geburtsklinik erzählte, kamen Zweifel in mir hoch. Obwohl sie ihren Beruf liebt und es wichtig findet, dass es die Möglichkeit gibt, klinisch zu gebären, hat auch sie sich bei ihrem eigenen Kind für eine Hausgeburt entschieden. Wären die Verhältnisse für freiberufliche Hebammen nicht so prekär, würde sie manchmal auch lieber Hausgeburten betreuen. Nicht zuletzt, weil ihr dann so manche belastende Situation erspart bleiben würde. So etwa wenn Schwangere alleine in den Kreißsaal kommen und ihr zu verstehen geben, dass sie Angst vor der Geburt haben. Obwohl sie es nicht mit ihrem Berufsethos vereinbaren kann, muss sie ihnen dann irgendwi…