Mit 2019 geht nicht nur ein Jahr zu Ende, sondern eine ganze Dekade. Was da so alles passiert ist, was uns berührt, beeindruckt und geprägt hat, aber auch, was gar nicht ging, erfahrt ihr in unserem ultimativen und komplett subjektiven Jahresrückblick. Das Best of aus zehn Jahren Popkultur, Politik und Style. Wir sagen danke, tschüss und auf in eine neue Ära!

Tschüss 2019
©Fedor Ouspenski auf Pixabay

Hengameh Yaghoobifarah

Beste Filme: „Hustlers“ von Lorene Scafaria und „Get Out“ von Jordan Peele

Bestes Konzert: Solange in der Hamburger Elbphilharmonie

Beste Romane: „Ellbogen“ von Fatma Aydemir und „Auf Erden sind wir kurz grandios“ von Ocean Vuong

Beste Essays: „Nîtisânak“ von Lindsay Nixon

Beste Kurzgeschichten: „Difficult Women“ von Roxane Gay

Beste Alben: Frank Ocean „Channel Orange“ und „A Seat At The Table“ von Solange

Person des Jahrzehnts: Beyoncé

Beste Serien: „Broad City“ und „American Horror Story: Hotel“

Bester Pop-Moment: Silvana Imams Rede über Intersektionalität bei den schwedischen Grammys

Traurigste Pop-Momente: das Einstellen von Popmagazinen wie „Intro“, „Spex“, „Groove“ und Co.

Bester Fashion-Moment: jedes Outfit von Lizzo

Überraschender Fashion-Moment: Ich hätte am Anfang und selbst Mitte des Jahrzehnts nicht gedacht, dass ich so lange Gelnägel tragen würde, wie ich es seit 2017 tue.

Peinlichster Fashion-Moment: wie bei der MET-Gala 2019 das Motto „Camp“ von Hetero-Promis missverstanden wurde

Schmerzhafteste Einsicht: Marie Kondo kann keine Therapeutin ersetzen, trotzdem hat sie mein Leben verbessert.

Tschüss 2019
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Jennifer Beck

Bester popjournalistischer Moment: Anja Plaschg alias Soap & Skin spricht! Über Missbrauch, Schweine und Religion, ganze drei Stunden im unwirklichsten Herbstlicht im Türkenschanzpark Wien, 2018.

Schlimmster popjournalistischer Moment: „Spex“ beerdigen (die Kompaktanlage mit Kassettendeck aus der Redaktion nicht)

Bester Missy-Moment: E-Mail-Liebesbriefe für den Sex-&-Hämorrhoiden-Text. Wir sind alle am Arsch!

Beste Romane: Marieke Lucas Rijneveld „Was man sät“ und Ocean Vuong „Auf Erden sind wir kurz grandios“

Beste Alben: Frank Ocean „Blonde“ und Fatima Al Qadiri „Asiatisch“

Schlimmste Einsicht: kein Ocean im Namen, keine Chance auf Bestenliste

Bestes Theaterstück: Susanne Kennedy „Women In Trouble“

Bester Film: Luca Guadagnino „Call Me By Your Name“

Bestes Konzert: Cindy Lee, Festsaal Kreuzberg 2018

Beste Ausstellungen: Maria Lassnig, Stedelijk Amsterdam und Ren Hang, MdBK Leipzig

Bester Kniff, der auch im nächsten Jahrzehnt nicht klappt: Kaugummi am Po? Hose ins Eisfach

Ich bereue: 30. Geburtstag nicht feiern

Ich bereue nicht: kein Insta. (Ich will das richtig angehen und lern grad erst mal coden.)

Bester Satz: schulden wegen luxus @habibitus, Twitter

Beste Missy-Titelzeile:

Schwesta Ewa
Packt aus.

Beste Erkenntnis: Ein Buch schreiben ist nicht einsam, wenn man es zu viert schreibt.

Memo fürs nächste Jahrzehnt: weniger „Privates“ preisgeben in Listen im Internet

Tschüss 2019
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Sonja Eismann

Traurigste Medienereignisse: Popmagazine wie „Spex“, „Groove“, „Intro“ etc. packen ein und erscheinen nur noch online oder gar nicht mehr

Beste Medienereignisse: Missy erscheint seit über zehn Jahren im Print und gedeiht dank stetiger Selbstausbeutung weiter

Beeindruckendste Entwicklung des Jahrzehnts: der Feminismus-Hype

Beunruhigendste Entwicklung des Jahrzehnts: der Feminismus-Hype

Bewegendster feministischer Geschichtsmoment: als ich 2019 im Rahmen einer feministischen Konferenz im Teatro Cervantes in Buenos Aires kurz neben Nora Cortiñas, genannt Norita, einer der Madres de Plaza de Mayo, fast 90-jährig und im Pro-Abtreibungs-Shirt, stehen darf

Tschüss 2019
©Lumpi auf Pixabay

Anna Mayrhauser

Bester Comic: Julia Wertz „Drinking at the Movies“ (2010)

Soulfood des Jahrzehnts: Habe in den 00-Jahren keine Pommes gegessen. War ein großer Fehler. Hab es in den 10er-Jahren nachgeholt.

Weirdester filmjournalistischer Moment: als die Berlinale-Pressekonferenz zu „Der goldene Handschuh“ 2019 (wir erinnern uns, #MeToo-Debatte auf dem Höhepunkt und so) um den Frauenmörder Fritz Honka im Hamburg der 1970er-Jahren von der Moderation mit den Worten „Brauchen wir mehr Serienmörderpopstars in Deutschland“ eröffnet wurde. Und das nachdem bereits im Februar die Zahl der Femizide erschreckend hoch war. Ich vergesse manchmal, wie viel noch zu tun ist.

Wünsche fürs neue Jahrzehnt: Print lebt. Online auch.

Learning des Jahrzehnts: Unabhängigen feministischen Journalismus machen ist schwer. Aber es geht.

Entwicklung des Jahrzehnts: Auch wenn vieles deprimierend ist, hat sich in puncto Feminismus doch sehr viel getan.

Tschüss 2019
©Sebastien AUTREUX auf Pixabay

Dominique Haensell

Beste Alben: Luaka Bop „Who is William Onyeabor?“
Die Compilation machte die Musik des obskuren nigerianischen Musikers William Onyeabor schlagartig bekannt und meinen Musikgeschmack besser auf ewig.
Beyoncé „BEYONCÉ“
What the …! HOW did you do this??!!! Game changer.
Frank Ocean „Channel Orange“
Hat mein Masterstudium in London auf Dauerschleife begleitet, neue Räume im Kopf geöffnet und meine Los-Angeles-Sehnsucht verkompliziert. Für mich auch politisch der Vorreiter von Kendrick Lamars (krass gutem) „To Pimp a Butterfly“, aber viel subtiler.

Bestes Buch: Christina Sharpe „In the Wake (On Blackness and Being)“
Ich hab das halbe Jahrzehnt damit verbracht, meine Diss zu schreiben, daher hier ein akademischer Titel, der sich aber nicht nur sehr poetisch liest, sondern vieles, was mich (und die Welt) in den letzten Jahren beschäftigt hat, auf den Punkt bringt.

Bester Film: „Get Out“
Findet geniale Bilder für komplexe politische Zustände und revolutioniert nebenbei ein ganzes Genre

Beste Serie: „Atlanta“ & „High Maintenance“
Zwei super smarte, extrem lustige und wirklich innovative Formate. „Jane the Virgin“ ebenso und dazu hoch pleasurable. Außerdem habe ich Anfang des Jahrzehnts noch „Mad Men“ geschaut (<3)

Das war blöd: fast alles im bekackten Jahr 2016

Das war schön: im Kack-Jahr 2016 Mutter zu werden

Tschüss 2019
©markito auf Pixabay

Ulla Heinrich

Soundtrack des Jahrzehnts: Savages „Silence Yourself“ (2013)
Eine distanzierte Seance aus halligen Gitarren, Melancholie und unendlicher Power. Die einzige Band, die an Malaria! rankommt – musikalisch und fashionwise. Absolut zeitlos, deshalb Platte des Jahrzehnts.

Wichtigste Band und traurigste Bandauflösung: G.L.O.S.S.
Mittlerweile aufgelöste trans-feministische Hardcore-Punk Band. G.L.O.S.S. = Girls living outside society’s shit. Das sagt alles.

Prägendste*r Illustrator*in: Yori Gagarim
Zum Universum von „TROUBLE X“ gehörten Sticker, Patches, Slogans und Comics, die vorrangig als kostenfreier Content zur Verfügung gestellt wurden. Die Sticker von „TROUBLE X“ waren vor vielen Jahren meine erste bewusste Begegnung mit nicht-binären politischen Inhalten. Die Visualität von „TROUBLE X“ hat eine ganze Generation von Queers geprägt und im notwendigen Gendertrouble unterstützend begleitet. Der Text von Yori Gagarim: „Why I Stopped Making Merch for a Revolution That Does not Happen. A bitter love story/essay of survival as an artist in activist communities“ war 2018 ein essenzieller Beitrag zu Fragen von queerem Aktivismus, Selbstausbeutung und Kunst in der DIY-Szene. Die queeren Pin-ups der Serie „OFF-THE-ROKKET“ sind die sexiesten und fabelhaftesten Wesen, die ich jemals gesehen habe.

Inspirierenster Twitter-Account: Aylin Karabulut @_aylinkarabulut
Die intersektionale Rassismus- und Bildungsforscherin ist eine der inspirierendsten Feminist*innen in diesem Twitter. Ich nominiere sie jetzt schon für später als Bundespräsidentin oder irgendwas Cooleres mit mehr Einfluss.

Beste Filme: Yes, we fuck! (2016) von Antonio Centeno und Raúl de la Morena und „Touch me not“ (2017) von Adina Pintilie
Filme über die Vielfalt, in der Menschen, die be_hindert werden, ihre Sexualität ausleben und die Fragen nach der gesellschaftlichen Konstruktion von Begehren lustvoll, sexpositiv und explizit beantworten

Lieblings-Trend: Jogginghosen-Fashion

Bester Popsong: „I Follow Rivers“ von Lykke Li

Beste Serie: „Broad City“ und „Scrubs“

Wichtigster Insta: The Vulva Gallery

Wichtige Meme-Seiten, ohne die ich dieses elende Jahrzehnt nicht überstanden hätte: Punk Lesbian & Sapphic Memes, Emotional Labor Queen, Adorno Ultras, Hooligans gegen Satzbau, possumcore, Everthing is Terrible

Person des Jahrzehnts: alle Menschen, die sich jeden Tag den Arsch im feministischen und antifaschistischen Aktivismus aufreißen

Tschüss 2019
© Hans Braxmeier auf Pixabay

Josephine Papke

Beste Serien: „Pose“, „Euphoria“, „She’s Gotta Have It“, „Red Table Talk“, die ersten vier Staffeln von „Scandal“ = das grandioseste Serienkino, das ich jemals sehen durfte. Die restlichen Staffeln kann man sich sparen.

Beste Miniserie: „When They See Us“ von Ava Duvernay, „Seven Seconds“ von Veena Sud

Beste Seriencharaktere: Nola Darling aus „SGHI“ und Elektra aus „Pose“ (Ich liebe und „hasse“ sie zugleich und finde diese ambivalenten Gefühle sehr spannend), Blanca aus „Pose“, Eric aus „Sex Education“, Frankie aus „Grace and Frankie“

Beste Lesung/-vortrag: Sara Ahmed im HAU, Kimberlé Crenshaw in der Heinrich Böll Stiftung, Noah Sow beim 10-jährigen Missy-Jubiläum

Beste Filme: „Call Me By Your Name“ von Luca Guadagnino , „Rafiki“ von Wanuri Kahiu, „Moonlight“ von Barry Jenkins

Lieblingsmusikerin: H.E.R.

Beste Alben: „Dirty Computer“ von Janelle Monáe, „A Seat At The Table“ von Solange, „Platz an der Sonne“ von BSMG, „Tua“ von Tua

Beste Bücher: „Salt“ von Nayyirah Waheed, „Year of Yes“ von Shonda Rhimes, „Terror“ von Ferdinand von Schirach

Beste Songs: „Don’t Touch My Hair“ von Solange, „Sommer in Berlin“ von Juju, „Django Jane“ von Janelle Monáe, „Juice“ von Lizzo, „Brown Skin Girl“ von Beyoncé, „Grauer Beton“ von Trettmann, „Tabledance“ von Schwesta Ewa ft. SXTN, „Ich bin Schwarz“ von Nura

Beste Konzerte: Janelle Monáe, Nura, Tua, Beyoncé&Jay-Z, Lary

Beste Insta-Accounts: Rachel Cargle, Florence Given, Hotmessbian, Wirmuesstenmalreden, Nowhitesaviors, Munroe Bergdorf, Anxiety_within

Beste Fashioninspiration: Billy Porter, Normani, Zendaya

Beste Entdeckung: Costar und die queere „Religion“: Astrologie

Beste Persönlichkeiten: Janet Mock, Tracee Ellis Ross, Munroe Bergdorf

Tschüss 2019
©Jill Wellington auf Pixabay

Katja Musafiri

Serien des Jahrzehnts: „Orange Is The New Black“ und „Pose“

Persönliche musikalische Neuentdeckungen: Mavi Phoenix, Jenny Hval, Kate Tempest

Beängstigendster Polit-Moment: Wahl Donald Trump (und eigentlich so gut wie jede! einzelne! Wahl!, überall, in den letzten Jahren)

Beeindruckendste Bewegungen: Black Lives Matter, die vielen Geflüchteten-Selbstorganisationen insbesondere das hartnäckige Dranbleiben der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh | Break the Silence und natürlich die Klima-Bewegung

App des Jahrzehnts: Tinder – hat Dating eine neue Dimension gegeben

Verstörendste Debatte des Jahrzehnts: Regretting Motherhood

Erkenntnisse des Jahrzehnts: 1. Muttersein schlaucht total 2. das eigene Kind ist immer das Tollste auf der Welt

Begleiterin des Jahrzehnts: Astrologin Chani Nicholas