Von Josephine Apraku

Ich habe den Eindruck, mit einem Missverständnis aufräumen zu müssen: Wenn ich von cis Männern schreibe, dann schreibe ich nicht von denen, die offen ihren Sexismus ausleben und diesen als wichtige Ressource ihrer Männlichkeit betrachten. Ich schreibe auch nicht von denen, die in entspanntester Manier, lachend und mit rot glühenden Wangen sexistischen Scheiß von sich geben und sich dafür selbst anerkennend auf die Schulter klopfen. Für die habe ich keine Zeit, denn von denen ist zeitnah keine Veränderung zu erwarten.

©Tine Fetz

Die, von denen ich schreibe, sind so nicht drauf. Ich meine die, die überlegen, wie sie im Privaten wie im Öffentlichen – zu mehr Gleichberechtigung beitragen können. Von jenen, die es wichtig finden – das gilt übrigens auch für meinen Freund –, sich und die eigene Sozialisierung als Mann zu hinterfragen und kritisch zu reflektieren. Na ja, zumindest behaupten sie solcherlei Dinge von sich und mit dieser Behauptung machen sie sich überprüfbar und ja, im feministischen Sinne auch „angreifbar“. Denn ich habe mich entschlossen, sie ernst zu nehmen. Das heißt auch, dass, wenn sie sich entgegen ihrer eigenen Absichten verhalten, ich mich sehr wohl damit fühle, sie darauf hinzuweisen.

Einigen mag nun scharf wie Hot-Sauce die Frage auf der Zunge brennen, weshalb ich dann überhaupt auf cis Männer schimpfe, denn das sind ja die „guten“? Andere mögen sich fragen, ob diejenigen, über deren Verhalten ich mich auslasse, nicht genau die Falschen sind, weil die ja immerhin den Knall gehört haben. Das Problem ist allerdings, und mit dieser Erfahrung bin ich als Frau wohl kaum allein, dass nur weil cis Männer grundsätzlich für Gleichberechtigung sein mögen, sie nicht automatisch zu allen Zeitpunkten hilfreiche feministische Verbündete sind. Sind sie oft nicht.

Mich persönlich schockiert und enttäuscht diese Erkenntnis nicht. Ich kann Menschen grundsätzlich zugestehen, dass Diskriminierungskritik für sie ein beständiger selbstreflexiver Lernprozess ist. Das ist für mich ja nicht anders. Daraus ergibt sich für mich nur eben nicht, dass ich jegliches – unbewusstes und/oder unabsichtliches – ignorant sexistisches Verhalten milde lächelnd durchwinke. Im Gegenteil, wenn etwa mein Freund von sich behauptet, die feministische Idee zu unterstützen und dann komplett unreflektiert auf sexistische Verteilung von Sorgearbeit pocht, dann gibt es Stress.

Die gute Absicht allein hat bisher noch keinen cis Mann zu einem besseren feministischen Verbündeten gemacht: Sexismus ist die Norm und Sexismuskritik, insbesondere von denen, die patriarchale Strukturen im Alltag begünstigen, ist die Abweichung. Für sie bedeutet es, selbst wenn sie aufrichtig an sich arbeiten, permanentes Wachsein für die eigenen, als normal wahrgenommenen Privilegien und vor allem, sich nicht in diese zurückgleiten zu lassen, als seien sie ein sanftes Ruhekissen.

Selbst die Frauen, die ich kenne, die mit Männern zusammen sind, die aktivistisch arbeiten und im Rahmen dieser Arbeit Sexismuskritik üben, übernehmen deutlich mehr Sorgearbeit. Das ist strukturell, es geht weit über die individuellen Eigenschaften des Einzelnen hinaus. Deshalb ist es eine realistische Einschätzung, davon auszugehen, dass, wenn ich als Frau eine Beziehung zu einem cis Mann eingehe, ich damit werde umgehen müssen. Vor allem dann, wenn ich auf diese ungerechte Aufteilung keinen Bock habe. Aber genau deshalb umgebe ich mich mit Männern, denen Gleichberechtigung wichtig ist: nicht etwa weil ich mit denen nie wieder sexistische Zuschreibungen erlebe, sondern weil sie sich durch ihre Haltung überprüf- und ansprechbar machen. Nüchtern betrachtet kann ich nicht viel mehr erwarten, aber mit weniger gebe ich mich eben auch nicht zufrieden.