Von Sonja Eismann

In einer Schlüsselszene von „Game Of Thrones“ thront Daenerys Targaryen über einer Horde zerlumpter brauner Männer, Frauen und Kinder, die sie gerade „befreit“ hat. Sie schuldeten ihr nicht ihre Freiheit, so die weißblonde Khaleesi, sondern sie könnten sich diese nur selbst zurückgeben. Da ruft ein junger Mann ergriffen aus der Menge: „Mhysa!“ Alle anderen stimmen begeistert ein. Das Wort, so wird Daenerys zugeflüstert, bedeute „Mutter“ – und die Herrscherin begibt sich nun furchtlos in den eben noch bedrohlich dunklen Mob, der sie wie eine Heilige auf Händen trägt.

Missy Magazine 01/20, schmerzende sweets, Kulturstory3
©Elle Perez

Dieser aufgeblasenen Mischung aus kolonial-rassistischer und gleichzeitig neoliberaler

White-Savior-Fantasy lässt eine 29-jährige Musikerin aus Maryland ganz einfach die Luft ab, indem sie MHYSA als Kunstnamen für sich reklamiert. Für sich als Schwarze queere Femme, die über emotionale Verletzlichkeit ebenso singt wie über die verheerende politische Weltlage. Die in queeren Clubs auf der ganzen Welt ebenso zu Hause ist wie in der neuen Labelheimat Hyperdub. Die Einflüsse experimenteller elektronischer Musik ebenso auf ihrem zweiten Album „Nevaeh“ unterbringt wie klassischen weiblichen R’n’B der Neunziger. MHYSA, die unter dem Namen E.Jane auch als bildende*r Künstler*in tätig ist (hier als non-binäre Person), hat sich das Musikmachen selbst beigebracht – bzw. in und von der Community gelernt.

Als Erstes war da die Mutter, die selbst bei Talentwettbewerben aufgetreten war, sich dann aufgrund der Elternschaft aber für einen soliden Job als Chefsekretärin statt als Sängerin entschied. Die Tochter sollte ihren Traum verwirklichen – und kann es heute selbst noch nicht ganz fassen, dass sie…