Von Judith Taudien

Myopia, also: Kurzsichtigkeit, ist das Thema, mit dem sich die dänische Musikerin Agnes Obel auf ihrem neuen Album beschäftigt. Dafür hat sich die Künstlerin ganze zwei Jahre in selbstgewählte Isolation zurückgezogen, um im Studio an neuen Songs zu arbeiten.

Missy Magazine 01/20, Musikrezis
©Deutsche Grammophon / Universal

Wie schon beim Vorgänger „Citizen of Glass“ entstand auch „Myopia“ in kompletter Eigenregie – vom ersten Ton bis zur Produktion. Agnes Obel spielt mit unterschiedlichen stilistischen Mitteln, wie Verzerrungen der Stimme, lässt Chöre auftreten oder bedient sich auch mal ungewöhnlicher Instrumente wie einer Celesta, die harmonisch mit Streichern, Klavier und ihrem Gesang verschmilzt. Ihre zerbrechlich wirkende, aber unverwechselbare Stimme ist dabei der Mittelpunkt aller Stücke. Mit ihr bewegt sich Obel scheinbar spielend in unterschiedlichsten Tonhöhen, singt mal kraftvoll, dann wieder leise, fast flüsternd. Ihre Stimme ist es auch, die allen Songs etwas Geheimnisvolles verleiht.

Wie auf dem Stück „Broken Sleep“, das Obel schrieb, als sie unter Schlaflosigkeit litt und in dem sie flehend darum bittet, endlich einschlafen zu dürfen, während ein schnell gespieltes Klavier die Rastlosgkeit unterstreicht. „Myopia“ sind zehn facettenreich komponierte Songs, die beeindruckend Obels Ruf als eine der besten Experimental-Songwriterinnen unserer Zeit verteidigen.

Agnes Obel „Myopia“ Deutsche Grammophon / Universal