Post-Revolutionstherapie
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Die Psychologin Selma (Golshifteh Farahani) zieht nach gut zwanzig Jahren aus Paris zurück nach Tunesien, um in der Dachwohnung ihrer Verwandten eine Praxis als Psychotherapeutin zu eröffnen.
Der anfänglichen Skepsis und Abwehr zum Trotz fängt sie zielstrebig mit ihrer Arbeit an und die Warteschlange vor ihrer Tür spricht Bände über die Dringlichkeit psychologischer Unterstützung nach der Revolution. Scheint ihre Hilfe anfangs auf große Resonanz zu stoßen, stößt Selma selbst aber bald an die Grenzen der nun herrschenden Bürokratie. Ihr fehlt nämlich die örtliche Zulassung. Und die Polizei hat aus unterschiedlichen Gründen ein Auge auf sie geworfen. Zusätzlich kämpft ihre jugendliche Cousine Olfa (Aïsha Ben Miled) um ihre Freiheit jenseits der auferlegten Rollenklischees, allerdings anders, als Selma es gutheißen will.
Die französisch-tunesische Regisseurin Manele Labidi, die auch das Drehbuch schrieb, erzählt in ihrem Spielfilmdebüt anfangs zwar eine klassische französische Komödie, gleichwohl mit dem Twist, dass diese gekonnt unterschiedliche Sichtweisen vereint und sich nicht in den zu oft gesehenen albernen Strukturen verfängt. Themen wie Unabhängigkeit, Freiheit, Zuneigung und Familie werden genauso behandelt wie die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Religion. Ein zarter, melancholischer Film über Einsamkeit und Gemeinschaft und den Wunsch, einen Unterschied zu machen.
“Auf der Couch in Tunis” FR 2019. R: Manele Labidi. Mit: Golshifteh Farahani, Majd Mastoura, Aïcha Ben Miled u.a. 86 Min. Start: ab 30.06.