Von Maike Brülls

Schock! Eine neue Seuche wird nach Kirgistan eingeschleppt“, schreit die Überschrift eines Artikels der kirgisischen Zeitung „Delo No“. Diese Seuche, so heißt es weiter im Text, werde von „süßen Damen aus dem Internet, die für die Rechte der Frauen kämpfen“, über das Land gebracht. Die Autorin des Texts nennt den Namen und den Wohnort einer dieser sogenannten „süßen Damen“, zeigt ein Foto von ihr und bittet die Strafverfolgungsbehörden, ein Auge auf sie zu werfen.

Die Frau, um die es in dem Artikel geht, ist Alla Bessonowa. Sie ist Drogenuserin und Aktivistin. Vor vier Jahren hat sie eine Bewegung mitgegründet, die sich für die Belange drogengebrauchender Frauen einsetzt: The Narcofeminist Movement. Im November letzten Jahres starteten die Narcofeminist*innen ihre erste kleine Social-Media- Kampagne. Auf ihren privaten Facebook-Accounts teilten sie Fotos und erzählten Geschichten von Gewalt und Repressionen, die sie wegen ihrer Drogenabhängigkeit erfahren haben. Etwa davon, dass ein Arzt ihren Eltern empfahl, einen Teil des Gehirns

einzufrieren, um die Sucht zu bekämpfen. Oder davon, dass Behörden sie zu einer Abtreibung drängten. Sie wollten mit ihren Bekannten ins Gespräch kommen und sie dann in eine öffentliche Facebook-Gruppe einladen, um dort über Ideen für eine neue Drogenpolitik und Maßnahmen zum Schutz von drogengebrauchenden Frauen zu sprechen. Zum erhofften Austausch kam es nicht. Journalist*innen entdeckten die Gruppe, schrieben hetzerische Artikel, und eine Welle von Hasskommentaren und Morddrohungen brach über die Aktivist*innen herein.

Weltweit erleben Menschen, die Drogen konsumieren, viel Gewalt. Weil für einen Großteil aller psychoaktiven Substanzen in den meisten Ländern ein striktes Verbot für den Besitz, zum Teil auch für den Konsum herrscht, werden User*innen strafrechtlich verfolgt. Wie hart die juristischen Konsequenzen sind, unterscheidet sich von Land zu Land. Extrem repressiv ist die Lage etwa in postsowjetischen Ländern, wo Polizist*innen Drogenuser*innen starke Stoffe unterjubeln und sie dann festnehmen, soda…