Text: Sabina Schwachenwalde
Illustration: Julia Kluge

Meine Patient*innen müssen oft drei Stunden in ihrem eigenen Kot liegen, bevor ich Zeit habe, sie zu versorgen“, berichtet Hazal*. Sie ist Krankenpflegerin und schafft es manchmal nicht einmal, allen ihr Mittagessen zu bringen. Kein Einzelfall. Prekäre Arbeitsbedingungen in der medizinischen Versorgung sind Alltag. Die aktuelle Ausnahmesituation ist nur eine Zuspitzung des Notstands. In keiner Berufsgruppe ist die Zahl der von Burn-out und Depression Betroffenen so hoch wie bei medizinischem Personal. Nirgends gibt es so viele Fehltage wegen psychischer Erkrankungen. Frauen machen den Hauptanteil in Gesundheitsberufen aus, sie sind Altenpflegerinnen, Krankenpflegerinnen, Hebammen, Physio- und Ergotherapeutinnen, Logopädinnen, Laborantinnen, operationstechnische Assistentinnen, medizinische Fachangestellte, Apothekerinnen, Optikerinnen, Heilpraktikerinnen, Psychologinnen, Psychotherapeutinnen und Ärztinnen. Gleichzeitig sind es insbesondere Frauen mit und ohne Migrationsgeschichte, die stark von psychischen Problemen betroffen sind. Diejenigen, die sich um unsere Gesundheit

kümmern, bezahlen oft mit ihrer eigenen dafür. Als Grund für die Entstehung von Burn-out wird gern die Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen betrachtet. So wird z. B. davon ausgegangen, dass das „Helfersyndrom“ bei Gesundheitsberufler*innen besonders verbreitet sei. Betriebliche Gesundheitsvorsorge setzt oft beim Individuum an, z. B. mit Meditationsübungen für Stressgeneigte. Das ist zynisch, weil die strukturellen Rahmenbedingungen ausgeklammert werden. Wie Hazal für 60 Patient*innen zuständig zu sein, würde wohl fast jede*n an die Belastungsgrenzen treiben.

Das Gesundheitspersonal ist krank, weil es Teil eines krankmachenden Gesundheitssystems ist. Dass Schichtdienst und Schlafmangel auf Dauer gesundheitsschädlich sind, ist bekannt und schwer vermeidbar. Der dramatische Personal- und Fachkräftemangel ist aber ein beeinflussbarer Faktor, der von der Politik vernachlässigt wird. „Entweder das System macht mich kaputt, oder ich versuche, in dem kaputten System gesund zu bleiben“, so eine Kollegin von H…