Lieblingsstreberin: Eve Polastri
Von
Von Juliane Streich
Illustration: Eva Feuchter
An dem Tag, als sich Eve Polastris Leben ändert, wacht sie schreiend auf. Sie kreischt wie im schlimmsten Albtraum. Ihr erschrockener Mann versucht, sie zu besänftigen. „Was ist los?“ „Meine Arme sind eingeschlafen. Beide“, sagt Eve. Denn obwohl Eve beim britischen Inlandsgeheimdienst MI5 arbeitet, ist ihr Leben so harmlos, dass zwei eingeschlafene Arme der größte Schrecken sind. Eve – gespielt von Sandra Oh, seit ihrem Ausstieg bei „Grey’s Anatomy“ schmerzlich vermisst – hat einen Abschluss in Kriminalpsychologie, doch hauptsächlich sitzt sie am Schreibtisch. Wenn mal was eskaliert, dann der Kolleg*innen-Karaoke-Abend. Auch ihr Privatleben ist unaufgeregt. Ihr Ehemann, mit dem sie in einem typisch britischen Reihenhaus lebt, ist lieb, Lehrer und organisiert Spieleabende im Altersheim.
Eve Polastri sei eine „Everywoman“ – eine Frau, mit der sich alle identifizieren könnten, die ein langweiliges Leben haben und sich nach einem außergewöhnlichen sehnen, sagt Phoebe Waller-Bridge, die die Serie „Killing Eve“ nach den Büchern von Luke Jennings adaptiert hat. Und wer die „Fleabag“-Erfinderin kennt, weiß, dass Eve Polastri sich mit diesem Leben nicht zufriedengeben wird. Schon am Anfang der Serie entfährt Eve ein „Cool“, als sie von einem Mord hört, bei dem einem Mann die Oberschenkelarterie aufgeschlitzt wurde, ohne es zu merken. „Das war wahrscheinlich eine Frau“, kombiniert sie. Und für diese Serienmörderin entwickelt Eve eine Leidenschaft: Über Jahre erstellt sie heimlich eine Akte mit allen Fällen, die sie derselben Frau zuschreibt, die sich als Villanelle herausstellt. Sie liebt Villanelles Stil – beim Kleiden und beim Morden. Als sie sich endlich begegnen, ist die Chemie so stark, dass sie sich sowohl lieben als auch töten könnten. Eve beginnt, Villanelle zu ähneln. Sie missachtet immer mehr Regeln und tut, was sie will: „God, it makes me rage how efficient things are when you’re a dick to people.“
Die Serie Killing Eve ist aktuell auf StarzPlay zu sehen.
Dieser Text erschien zuerst in Missy 04/20.