Von Helene Buchholz

Musammad Romesha arbeitet seit 23 Jahren in einer Nähfabrik in Bangladesch. Viele Jahre lang ging sie sieben Tage die Woche zur Arbeit, erst seit ein paar Monaten hat sie freitags frei. Seit einigen Wochen kann sie sich nur noch eine Mahlzeit am Tag leisten, denn wegen der Corona-Pandemie ist die Textilindustrie in eine schwere Krise geraten: Als in Europa die Geschäfte zumachten, stornierten alle großen Klamottenmarken ihre Bestellungen bei den Fabriken. Tausende Arbeiter*innen, u.a. in Bangladesch, Sri Lanka und Myanmar, verloren ihre Jobs. Alle Fabriken waren geschlossen, von heute auf morgen bekamen viele Arbeiter*innen kein Geld mehr. Teilweise konnten sie wochenlang die Massenunterkünfte in den Industriegebieten nicht mehr verlassen. In Sri Lanka hofften die Betreiber nach Angaben der Näherinnengewerkschaft Dabindu Collective zu Beginn des Lockdowns

darauf, dass sie die Fabriken in wenigen Tagen wieder öffnen könnten, und sagten den Arbeiter*innen, sie sollten vor Ort bleiben. Als klar war, dass sie für mehrere Wochen nicht weiterarbeiten können, fuhren keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr und allein im Industriegebiet nördlich von Colombo saßen im März und April rund 15.000 Menschen fest – ohne Gehalt und ohne Essen. Das Dabindu Collective verteilte während des Lockdowns Essenspakete, damit die Arbeiter*innen nicht verhungerten. Jetzt, wo die Fabriken langsam wieder öffnen, wollen die Vermieter*innen der Unterkünfte die Näher*innen nicht mehr aufnehmen, weil sie Mietschulden bei ihnen haben. Bezahlen können die Betroffenen diese aber auch nicht: Ihnen fehlen dafür rund zwei Monatsgehälter.

„Auch in Bangladesch haben Gewerkschaften und andere private Initiativen Aufgaben der Grundversorgung übernommen“, sagt Sadaat Mahmood von der GWTUC (Garment Workers’ Trade Union Centre), der Gewerkschaft der Näher*innen in Bangladesch. Das sei aber nur ei…