Von Laura Aha
Fotos: Irma Fadhila

Die Fensterscheibe bebt. Röhrend übertönt ein vorbeifahrender Lastwagen kurz das Geplapper, das von der Neuköllner Sonnenallee herüberweht, ehe es erneut zu einer vielstimmigen Kakofonie anschwillt. Geradezu aufgekratzt wirken die Menschen, die sich an diesem warmen Juniabend nach knapp drei Monaten Ausgangssperre auf den Bürgersteigen vor den Cafés, Hummusläden und Eckkneipen tummeln. „Ich mach mal lieber zu, oder?“, sagt Tara Transitory mit Blick auf mein kleines Diktiergerät, das neben einer bunten Metallkanne voll grünem Tee auf dem Küchentisch liegt. Als sie das Fenster schließt, legt sich die plötzliche Stille wie ein Kissen auf unsere Ohren. Lautlos stellt Nguyễn Baly ihr Teeglas auf dem Holztisch ab, um die Aufnahme nicht zu stören.

Ein Studiobesuch bei Queer Ear Mastering, das die beiden Ingenieurinnen und Soundkünstlerinnen Tara und Baly Ende letzten Jahres in ihrer gemeinsamen Wohnung eröffnet haben, ist eine intime Angelegenheit. Um ins Studio zu gelangen, muss man sich unter einem selbst gezimmerten Podest hindurch ducken, unter dem eine Sitzecke

eingerichtet ist, und hinter einem metallenen Gong mit Xylofon und mehreren Klangschalen ein weißes Leinentuch beiseiteziehen. Dahinter trifft hochprofessionelles Mastering-Equipment auf nostalgische Gear-Nerd-Träume: Auf einem aufgebockten Holztisch steht ein Rechner, ein paar Lautsprecher und analoge Mastering-Hardware. Unter zwei Bandmaschinen aus den 1960er-Jahren lugen pinke Kabel aus einem modularen Synthesizer hervor, daneben steht ein Theremin.

Missy Magazine 05/20 - Reportage
© Irma Fadhila

„Als Soundkünstlerin im Feld der elektronischen, experimentellen Musik habe ich meine Musik immer selbst produziert und gemastert. Anfangs war es eine Budgetfrage, später gehörte es zu meinem Produktionsprozess einfach dazu“, erklärt Tara, die sich als Künstlerin an der Schnittstelle von Noise, Performance und K…