Von Sarah Kailuweit

Geboren in eine elitäre Familie, zielstrebig und opferwillig: Lilith weiß, was sie kann, was sie will und was ihr zusteht. Seit fünf Generationen dient ihre Familie einem geheimen Orden, der kämpfende Nonnen ausbildet. Ja: kämpfende Nonnen. Denn Dämonen wabern über die Erde. Manche stapfen auch aus Dimensionsportalen, grunzen gruselig und sind (wie es sich gehört) zerstörungseifrig. Die Schwestern stellen sich dem Bösen verschleiert und breitbeinig in den Weg. Lilith ist die verbissene Überfliegerin der Truppe. Sie beherrscht Kali, eine philippinische Kampfkunst, fühlt sich dem Orden bis hin zur Selbstaufgabe verpflichtet und will endlich Gruppenanführerin werden, so wie ihre Familientradition es vorsieht. Dann stolpert Ava ins Bild – zufällig wiederbelebt, sympathisch naiv, nicht interessiert am Krieg der Kirche und trotzdem auserwählt.

Missy Magazine 05/20, Lieblingsstreberin; Beitrag
© Eva Feuchter

Motiviert von Neid und Wut jagt Lilith Ava hinterher. Bis sich die kunstvolle Kämpferin mit dem sportlichen Schleier doch für die Sache und ihre neueste Schwester opfert und auf spektakuläre Weise durch ein Dimensionsportal verschwindet. Dank des Ausflugs auf die andere Seite wird Lilith ihrer biblischen Namenspatronin gerecht. Nicht mehr Kirche und Traditionswille lenken ihre Schritte, sondern Selbstbestimmung und Schwesternschaft. Gut, denn die Emanzipation gegenüber der Institution Kirche mit ihren eingestaubten patriarchalen Strukturen ist längst überfällig. Die Schwestern zeigen, dass dies auch möglich ist, ohne den Glauben an Gott aufzugeben. Niemand weiß, wo Lilith war und warum sie plötzlich ziemlich verstörende Eigenschaften hat. Recht traumatisiert oszilliert sie zwischen Gut und Böse, wobei sie selbst am wenigsten einschätzen kann, was abgeht. Mit und dank ihren Schwestern kann Lilith Verletzbarkeit zeigen und gerade dadurch neue Kraft gewinnen. Wenn Gott zuschauen würde, wäre sie stolz.

Die Serie Warrior Nun ist aktuell auf Netflix zu sehen.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 05/20.