Ich hatte einen unregelmäßigen Zyklus und zunehmende Körperbehaarung“, sagte Rachel. ,,Außerdem hatte ich viel zugenommen, war massivem Fatshaming ausgesetzt und hatte so starken Haarausfall, dass ich überall eine Spur Haare hinterlassen habe. Das hat mich total verunsichert.“ Bei Rachel wurde das sogenannte Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) diagnostiziert. Damit ist sie nicht alleine: Etwa acht bis 13 Prozent aller cis Frauen im gebärfähigen Alter haben PCOS (andere Geschlechter werden im medizinischen PCOS-Diskurs nicht erwähnt). Trotz dieser Häufigkeit ist PCOS extrem unterdiagnostiziert, unbekannt und untererforscht. Viele Personen mit PCOS haben einen jahrelangen Leidensweg hinter sich, suchen wegen eines unerfüllten Kinderwunschs, Akne oder vermehrten Haarwuchses etliche Ärzt*innen auf, die oft außer „nehmen Sie erst mal ab, dann sehen wir weiter“ nicht viel sagen. Falls den Beschwerden doch nachgegangen wird und es sich um PCOS handelt, kann das für die betroffenen Personen ein Segen sein – endlich wird ihnen geglaubt –, es kann aber auch verunsichern: „Meine Ärztin hat mir viel Angst gemacht. Sie hat von Diabetes- und Herz-Kreislauf-Risiken gesprochen und war übergriffig. Sie wollte meinen Körper normieren: Ich solle nicht so stark behaart sein“, sagt Leo. „Ich bin nicht-binär und intergeschlechtlich, ich finde meine Haare und meinen hohen Testosteronwert cool und sexy, aber meine Ärztin besteht darauf, dass ich sicher darunter leide. Da fühle ich mich doppelt nicht ernst genommen.“

1935 berichteten die Gynäkologen Irving Freiler Stein und Michael Leventhal von Frauen mit bestimmten körperlichen Auffälligkeiten und lenkten die medizinische Aufmerksamkeit erstmals auf PCOS. Heute gelten folgende Hauptmerkmale: kleine Bläschen rund um die Eierstöcke (sogenannte polyzystische Ovarien), eine seltene oder überhaupt ausbleibende Menstruation und so viel Androgene im Blut, wie Frauen laut medizinischer Definitionen nicht haben sollten. Zwei dieser drei Kriterien reichen für eine Diagnose, die namensgebenden polyzystischen Ovarien sind also gar nicht notwendig für PCOS. Es gibt keinen wirklichen „Test“ auf PCOS, die Diagnose folgt dem Ausschlussprinzip – wenn sich die Auffälligkeiten nicht anders erklären lassen, ist es PCOS.

Es kann ab der Pubertät auftreten und zeigt sich von Person zu Person unterschiedlich: Mehr als die Hälfte der Menschen mit PCOS hat einen Haarwuchs, den die Medizin „männlich“ nennt – eine Folge dieser Hormonkonstellation. Zwar produzieren alle Geschlechter Andro…