Von Linus Giese

Als mich kürzlich eine Freundin in den Arm nahm, sagte sie zu mir einen Satz, an den ich seitdem oft denken muss: „Linus, deine Haare riechen so männlich.“ Meine erste Reaktion war Freude: Ich bin ein Mann, ist es dann nicht auch ein Kompliment, wenn mir gesagt wird, dass ich männlich rieche? Doch als ich länger darüber nachdachte, fragte ich mich, was das eigentlich genau bedeuten soll. Wonach riechen Haare, wenn sie männlich riechen? Und haben meine Haare früher weiblich gerochen?

Vor drei Jahren habe ich mich als trans Mann geoutet. Seit Februar 2018 nehme ich Testosteron: Alle zwölf Wochen bekomme ich das Testosteronpräparat Nebido

gespritzt. Durch das Testosteron hat sich vieles bei mir verändert: Meine Stimme ist tiefer geworden, mir sind am ganzen Körper Haare gewachsen, meine Schultern sind breiter und meine Klitoris größer geworden. Eine Veränderung, die mich überraschte, war, dass sich auch mein eigener Körpergeruch veränderte. Als mir zum ersten Mal auffiel, dass ich anders roch, war ich irritiert: Es war fast so, als wäre eine fremde Person mit mir in meinem Zimmer. Ich roch an meiner Bettwäsche, an meinem Kissen, an meiner Kleidung – ich stieg manchmal mehrmals täglich unter die Dusche, schmiss meinen Kleiderhaufen immer wieder in die Waschmaschine und kippte einen großen Becher Weichspüler dazu. Doch der Geruch verschwand nicht, er ging nicht mehr weg, er gehörte fortan zu mir.
Bildete ich mir meinen neuen Geruch nur ein? Veränderte sich vielleicht nur die Wahrnehmung meines eigenen Geruchs oder roch ich tatsächlich anders? Ich erinnerte mich, dass die Jungs aus meiner Schulklasse plötzlich anfingen zu müffeln, als sie in die …