Von Hengameh Yaghoobifarah

Manche Kunstfiguren sind vorhersehbar, durchkonzipiert und so widerspruchslos, dass die Grenzen zur Langeweile durchlässig sind. Von Personae wie Katy Perry und Taylor Swift erwarte ich wenig anderes, was sollen sie schon Subversives rüberbringen können? Doch gerade von feministischen Künstler*innen – sei es Billie Eilish, sei es King Princess, seien es CocoRosie – wünsche ich mir oft mehr Unbequemes. Das ist kein Front, das ist der sogenannte Feminist Boreout oder von mir aus auch Kulturpessimismus Light. Erwartbarkeit überstrapaziert meine Begeisterungsfähigkeit. Shygirl verkörpert das Gegenteil. Blane Muise, wie sie bürgerlich heißt, ist in Südlondon aufgewachsen, lebt mittlerweile in Osten der Metropole und verbiegt Genres in vielerlei Hinsicht. Obwohl ihre Musik als Shygirl – oder kurz: Shy – bereits seit 2016 in Umlauf ist, hat es bisher noch niemand geschafft, ein griffiges Wort für ihren Stil zu prägen. Ihr eigenes Label Nuxxe

beschrieb Shy im Zuge ihrer letzten EP „Cruel Practice“ als „the Regina George of Grime“. Diese gewisse Bully-Mentalität der Figur aus dem ikonischen Highschool-Film „Mean Girls“ transportiert Shy in ihrer Performance, etwa wenn sie sich mit dem Fächer zuwedelt und eindringlich ihre Lyrics ins Publikum spricht: „I’ve got you right where I want you / Leave you where I got you / No one to help you / Me that you turn to“ („Asher Wolfe“). Grime gepaart mit etwas Garage-Pop und Club Music, passt auch. Aber dahinter steckt noch mehr. Beim Brainstormen gingen mir einige weitere Vergleiche durch den Kopf, allen voran: Alt-WAP, also Alternative Wet Ass Pussy. Als ich Shy am Telefon meine Referenzen präsentiere, höre ich sie am anderen Ende der Leitung schmunzeln. Obwohl ihr Sound als alternativ gilt, mache sie es sich gar nicht zum Ziel, im ästhetischen Off-Space zu landen, meint sie. Sie könne auch gut damit leben, außerhalb des Undergrounds verortet zu werden. Letztlich lässt sich der Pop-Aspekt in ihren Tr…