Der Anfang beginnt mit einem Ende – Hauptfigur Paula hat die Beziehung zu ihrem Freund Matthias eben erst beendet und bis zur erneuten Begegnung der beiden ereignet sich viel: Ein Arm wird eingegipst, Drogen werden konsumiert, eine Reise nach Spanien unternommen und ein Geburtstagsfest als situationistischer Spaziergang inszeniert. Paula wird in ihrem Buch dreißig – und ist ihres Lebens keineswegs überdrüssig. Auf mehr als sechshundert Seiten entfaltet sich in „Bei mir zuhause“ eine Künstlerinnenbiografie, die vom Alltag einer Comiczeichnerin erzählt, die in der deutschsprachigen Comicszene noch nicht allzu bekannt ist. Vor sechs Jahren sind im Berliner Jaja Verlag erstmals zwei Comics von ihr erschienen: „Mindestens eine Sekunde“ und „The Right Here Right Now Thing“ –

zwei autobiografische Bände, Ersterer schwarzweiß, Letzterer farbig.

Paulina Stulins Comicheldin bezeichnet ihren Alltag in „Bei mir zuhause“ als „Knäuel aus Gewohnheiten“ – ein Geflecht mit vielen Fäden, die nicht immer zueinanderfinden. In losen Bildabfolgen ereignen sich immer wieder Begegnungen zwischen Menschen, oft verschwinden sie nach einigen Seiten und tauchen anderswo wieder auf. Plot-Points und dramaturgische Höhepunkte gibt es keine, dafür gestalterische Elemente, die nicht aufs Ganze gehen, sondern ins Detail: Stulin dehnt Augenblicksmomente in die Länge, indem sie dieselben Bilder leicht verändert wiederholt, und schafft so neue Zeitrhythmen – so etwa sehen wir ihrer Figur dabei zu, wie sie in einen Salbentiegel greift, und können den in Aquarell gegossenen Schmerz, der in den Gliedern steckt, über vierzig Bilder hinweg aus nächster Nähe begreifen. Jede Stelle ihres Körpers erhält ein eigenes Bild.

„Bei mir zuhause“ ist ein Comictagebuch ohne Datumseinträge und Kommentare …