Von Sophia Hembeck
Illustration: Linda Schwalbe

Das erste Mal alleine Wandern endete damit, dass ich auf einem Acker lag und weinte. Über mir der Vollmond, in der Ferne Silvesterkracher. Ich hatte mich drei Stunden vorher auf den Weg gemacht, mit dem Ziel, Neujahr auf einem Berg zu stehen. Na ja, besser gesagt: auf einem Hügel. Ich war irgendwo in Brandenburg, im lichtärmsten Teil Deutschlands. Dort, wo man angeblich die Milchstraße mit bloßem Auge sehen kann. In meinem Kopf lief ein Rainald-Grebe-Song in Schleife: „Ich fühl mich so leer, ich fühl mich Brandenburg“ – das immerhin passte. Denn gut ging es mir nicht. Irgendwo zwischen der Idee vom Wandern und dem tatsächlichen Akt war ich verloren gegangen. Wer geht denn schon alleine an

Silvester wandern?

„Und dann meinte meine Therapeutin, jetzt packst du einfach mal deine Sachen und gehst los. Das hat mich gerettet.“ So hatte das geklungen, als eine Freundin mir von ihrer lebensverändernden Wanderung auf dem Jakobsweg erzählt hatte: nach Abenteuer und über sich Hinauswachsen, gegen die Depression und die attestierte Anpassungsstörung. Einfach die Wohnung untervermieten für einen Monat, Tasche packen, losziehen. ,,Aber hattest du keine Angst? So ohne Plan?“, war meine erste Reaktion und „Ja, schon“ ihre Antwort. „Aber das verläuft sich dann nach der ersten Woche.“ Alleine in der Natur: Selbsterfahrung, der Depression davonlaufen – so hatte ich mir das an Silvester vorgestellt.

Dass Wandern als Form von Bewegung gut gegen Verstimmungen hilft, ist allgemein bekannt. So sehr, dass es bisher anscheinend keinen Grund gab, dies im Detail zu erforschen. Im deutschsprachigen Raum gibt es derzeit nur wenige Studien zum Thema. Eine Studie namens „Übern Berg“ wurde 2012 von der Sal…