Protokoll: Pia Masurczak
Illustration: Sheree Domingo

Mit Gynformation wollen wir zuerst die Interessen der Patient*innen vertreten, die gynäkologische Behandlungen in Anspruch nehmen. Dieser Bereich der Medizin ist so sensibel, weil er die persönliche Lebensplanung, Sexualität und Identität direkt betrifft. Deshalb finden Menschen bei uns Empfehlungen für Ärzt*innen, die auf individuelle Bedürfnisse eingehen. Bspw. durch barrierefreie Praxisräume, einen sensiblen Umgang mit trans Personen oder mit Fragen zu Schwangerschaftsabbrüchen. Die Idee für das Projekt hat Alina aus Frankreich mitgebracht, dort gibt es eine ähnliche Website namens Gyn&Co. Uns war schnell klar, dass wir Gynformation als gemeinsames Projekt begreifen. Deshalb heißt es auf der Website auch „Kollektiv für gynäkologische Selbstbestimmung“. Was auf dem Blog veröffentlicht wird, welche Empfehlungen wir aufnehmen wollen, wie wir uns präsentieren – all diese Entscheidungen treffen wir gleichberechtigt und im Konsens. Der Begriff „Kollektiv“ schließt für uns auch diejenigen ein, die ihre Erfahrungen mit Gynäkolog*innen auf unserer Plattform teilen. In dieser Form aufzutreten bedeutet außerdem, dass keine allein die Verantwortung trägt. Das ist wichtig, denn gerade beim Streit um das sogenannte „Werbeverbot“ für Schwangerschaftsabbrüche ist die Gefahr groß, dass es auch zu Bedrohungen und Übergriffen kommt. Wir teilen also die Arbeit, die Verantwortung und auch unser Wissen. Schon bei den ersten Treffen haben wir gemerkt, dass wir ganz unterschiedliche Kompetenzen mitbringen und voneinander lernen können.

Missy Magazine 06/20, Banden Bilden, Beitrag, Sheree Domingo
© Sheree Domingo

Einige von uns sind Juristinnen, andere haben Erfahrung im Programmieren von Websites. Das Kernteam besteht im Moment aus zwölf Personen, aber darüber hinaus gibt es einen Kreis aus Unterstützer*innen und Gesprächspartner*innen, mit denen wir uns austauschen. Unser Wunsch ist, dass wir alle dazulernen können – Wissen über Körper und Rechte von Patient*innen ist empowernd gegenüber einem medizinischen System, dem man sich ausgeliefert fühlen kann und das von Diskriminierungen geprägt ist. Dass wir uns für die Gynäkologie zuerst interessiert haben, ist kein Zufall, aber es wäre toll, dieses Empowerment auch auf andere medizinische Bereiche wie z. B. die Psychiatrie ausweiten zu können.

Alina, Nina und Maxi sind Teil des Gynformation-Kollektivs in Hamburg und Berlin.
2019 haben sie Gynformation mitgegründet, um Selbstbestimmung, vorurteilsfreie Beratung und Behandlung, Konsens und Informationsfreiheit in der Gynäkologie zu erkämpfen. Sie treffen sich regelmäßig, um zusammen an der Website zu arbeiten, Fragebögen auszuwerten oder einfach mal einen Gyn Tonic zu trinken.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 06/20.