Von Sarah Ulrich

Der Begriff FLINT beinhaltet mehr feministische Klugheit als auf den ersten Blick sichtbar. Er steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre und trans Personen – also Personen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität patriarchal diskriminiert werden. Dadurch vereint der Sammelbegriff geballte feministische Solidarität. Entstanden ist das Akronym (ein Wort, das aus den Anfangsbuchstaben anderer entsteht) als sprachliches Ergebnis feministischer Kämpfe um die Sichtbarkeit patriarchal diskriminierter Identitäten. FLINT beschreibt nicht die sexuelle Orientierung, sondern geschlechtliche Identitäten und macht somit die soziale Komponente von Geschlecht sichtbar. Sozial heißt, es geht nicht um die Frage, welches Geschlecht mensch bei der Geburt zugewiesen bekommen hat, sondern um die Frage der selbst gewählten, gefühlten geschlechtlichen Identität. Obwohl Selbstbestimmung und Solidarität toll klingen, ist der Begriff FLINT nicht unumkämpft: In den frühen feministischen Bewegungen und späteren radikalfeministischen Ansätzen wurden vor allem cis Frauen in den Fokus genommen. Spätestens seit dem Aufkommen queerfeministischer Diskurse in den 1980er-Jahren rückte die Tatsache stärker ins feministische Bewusstsein, dass auch andere geschlechtliche Identitäten unter dem Patriarchat leiden. Außerdem wurde mit dekonstruktivistischen Theorien wie jener von Judith Butler deutlich, dass Geschlecht gesellschaftlich konstruiert ist und es durchaus mehr Identitäten als „Männer“ und „Frauen“ gibt. Die Einführung des Begriffs „Gender“ war der Ausdruck für die Abkehr von dieser zweipoligen Denkweise und die Abgrenzung zu einem biologistisch gedachten Konzept von Geschlecht.

Mit ihrem Aufkommen ging auch eine Veränderung der Sprache einher: Zunehmend konnten sich neben cis Frauen und Lesben auch nicht-binäre, inter und trans Personen innerhalb feministischer Kämpfe wiederfinden. Der Begriff Frauen wurde zunächst durch FLIT, FLTI oder FLTI* erweitert, Letzterer setzte sich bei neueren feministischen Bewegungen durch. Dieser Ausdruck schließt jedoch nicht-binäre Menschen aus. Auch das Sternchen am Ende von FLTI*, was als Platzhalter*in für vielfältige Geschlechtsidentitäten gesehen wird, nennt diese Personen eben nicht explizit mit. Etwa um das Jahr 2017 setzte sich daher FLINT als neues Kürzel durch, das eine Bandbreite an geschlechtlichen Identitäten abdeckt, die eine Gemeinsamkeit haben: die Diskriminierung durch das Patriarchat. FLINT schließt dabei ausdrücklich Lesbe als geschlechtliche Identität mit ein, um feministische Errungenschaften nicht unsichtbar zu machen. Der Begriff FLINT schafft es, ganz unterschiedliche Perspektiven zu vereinen. Diese sind so vielfältig, dass es unmöglich ist, sie unter dem cisgeschlechtlich und binär gedachten Begriff „Frau“ zu summieren. FLINT zeigt also, warum Sprache veränderbar ist – und warum sie damit auch immer ein Instrument politischer Kämpfe sein kann.

FLINT-Räume sollen als Schutzräume für Menschen dienen, die aufgrund ihrer Genderidentität diskriminiert werden und dabei nicht der patriarchal konstruierten, zweipoligen Logik von „Mann und Frau“ entsprechen. Wichtig ist darin vor allem die Solidarisierung mit den jeweils anderen Perspektiven und das Bewusstsein, dass man den feministischen Kampf nur gemeinsam führen kann. FLINT ist also eine tolle Errungenschaft
(queer-)feministischer Kämpfe und klingt dabei sogar super catchy.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 06/20.