Von Jolinde Hüchtker
Illustration: Johanna Benz

Wie tausend kleine Messerspitzen fühlt es sich an“, erzählt Mia*. Seit Jahren schon hat sie Schmerzen, wenn ein Penis versucht, in ihre Vagina einzudringen. Als würde ihre Haut aufreißen, so beschreibt sie es. Mia hat mit 16 Jahren angefangen, penetrativen Sex zu haben. „Alles ging problemlos“, sagt sie. Irgendwann habe es angefangen zu brennen – eine Pilzinfektion, ihre Gynäkologin verschrieb ihr eine Creme. Doch die Schmerzen kamen wieder. „Da ist nichts“, sagte ihre Ärztin diesmal. Da ist nichts – das begleitet Mia seitdem. Sie war bei weiteren Ärztinnen, hat die Pille abgesetzt, Hormon- und Kortisoncremes probiert, verschiedene Öle, latexfreie oder keine Kondome, Dildo statt Penis. Ohne Erfolg. Damit ist sie nicht allein.

Fast jede dritte Person mit Vulva hatte Schmerzen bei ihrem letzten vaginalen Sex, zeigte 2015 eine US-amerikanische Studie der Indiana University.** Schmerzhaft können

Berührungen der Vulva oder der Vagina aus zahlreichen Gründen sein: Pilzinfektionen oder Herpes z. B. Wenn jedoch keine Ursache gefunden wird und die Schmerzen länger als drei Monate andauern, lautet die Diagnose Vulvodynie, erklärt der Gynäkologe Werner Mendling, der zu diesem Krankheitsbild forscht. Bei fünf bis zehn Prozent aller cis Frauen soll das vorkommen. Besonders Menschen mit Vulva wachsen mit der Erwartung auf, dass penetrativer Sex wehtun kann, zumindest beim ersten Mal. Ein bisschen Schmerz gehöre halt dazu. Wie schädlich das ist, zeigte die Studie ebenfalls: Etwa die Hälfte derjenigen, die Schmerzen haben, sagen ihren Sexualpartner*innen nichts davon. Sie halten sie einfach aus.

Mit 19 hatte Mia darauf keine Lust mehr: Sie hörte auf, vaginal penetrativen Sex zu haben. Früher, als Jugendliche, hatte sie ihrem Freund gegenüber ein schlechtes Gewissen:„Wir waren ja noch sehr jung und ich hatte Angst, dass für ihn nur Penetration richtiger Sex ist.“ In einer cis-hetero-normativen Gesellschaft ist …