Von Hengameh Yaghoobifarah
Illustration: Eva Feuchter

Wie eine Streberin wirkt Moe Truax bei ihrem ersten Auftritt in „Diebische Elstern“ nicht. Erst verscheucht sie die Schulzicken aus dem Klo, dann bläst sie der Neuen als Reaktion auf ihren Bonding­Versuch eine Vaporizer­Rauchschwade ins Gesicht. Bei den Kleptomaniacs Anonymous begegnet sie zwei dieser Mädchen wieder: Elodie, die Neue, und Tabitha, das Popular Girl. Die 16­Jährigen wachsen zum Trio. In der Schule lassen sie sich zwar nicht gemeinsam blicken, doch das kommt ihren illegalen Freizeitaktivitäten zugute. Generell achtet Moe stark darauf, mit wem sie in der Öffentlichkeit unterwegs ist. Mit ihrer Kiffer*innengang fühlt sie sich wohl, so pflegt sie ihr Image als einschüchternde Baddie, viel zu cool für die gleichermaßen banalen und prätentiösen Schulbälle und Hauspartys. Kaum jemand weiß von ihren herausragenden schulischen Leistungen. Mit den Nerds verbringt sie nur Zeit, weil sie es im Rahmen eines Schulprojekts muss. Ihre Affäre Noah trifft sie lieber heimlich, auch wenn er sich mehr öffentliche Zuneigung wünscht. Obwohl sie ihn mag, will sie ihn ihrer Mutter nicht vorstellen. Sie hat zwar ein sehr gutes Verhältnis zu ihr, aber Verletzlichkeit ist Moes Schwäche.

Missy Magazine 01/21, Lieblingsstreberin, Beitrag, Text
© Eva Feuchter

Ihre metaphorische Mauer gerät ins Bröckeln, je besser Elodie und Tabitha sie kennenlernen, und es stellt sich heraus: Es sind Ängste vor Scheitern und Verlassenwerden, die ihre Fassade als unnahbare Slackerin aufrechterhalten. Dahinter steckt jedoch eine loyale Freundin mit den richtigen Prioritäten. Obwohl sie damit ihr Auslandsstipendium und eine Schulsuspendierung riskiert, gibt sie Tabithas missbräuchlichem Ex nach dem Unterricht eins aufs Maul. Und überhaupt ist sie nur bei den Anonymen Kleptoman*innen, weil sie jemand anderen in Schutz nehmen wollte. Zwar bedient ihre Figur diverse Klischees, doch die Repräsentation einer MINT­Streberin in Jogginghosen, die kifft, trinkt und für ihre Freundinnen einsteht, ist schätzenswert.

Diebische Elstern läuft auf Netflix.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 01/21.