PANTOFFELN
Wenn es „Fetisch“ heißt, denken viele erst mal an Lackkorsett, Peitsche und Mundknebel. Im weitesten Sinne also an eine Verkleidung, die sexuell stimulieren soll und z. B. auf einer Fetischparty zum Einsatz kommt. Aber Fetisch meint an und für sich einen alltäglichen Gegenstand, der erst durch den Blick von „Fetischist*innen“ seine Gewöhnlichkeit verliert und eine sexuell stimulierende Wirkung erhält. Das heißt also, dass wir durch eine Welt gehen, in der prinzipiell alles zu einem Fetisch werden kann. So auch die Füße und Schuhe, die uns durch diese Welt tragen. Einen komplexen Fall von Schuhfetisch hatte der Schriftsteller Gustave Flaubert. Nachzulesen ist das in den Briefen an seine Geliebte Louise Colet: „Das ist die Stunde, in der ich, allein, und während alles schläft, die Schublade aufziehe, worin meine Schätze sind. Ich betrachte Deine Pantoffeln … ich lese noch einmal

Deine Briefe, ich atme ihren Moschusduft. Wenn du wüsstest, was ich jetzt fühle! … Wie gut war meine Idee, Deine Pantoffeln mitzunehmen! Wenn Du wüsstest, wie ich sie betrachte! Die Blutflecken werden bräunlich, sie verblassen, was können sie dafür?“ Anstatt Louise zu sehen, schreibt Gustave Briefe, in denen er beteuert, wie sehr er sie liebt – und immer neue Gründe erfindet, um sie nicht zu besuchen. Statt Sex mit ihr zu haben, betrachtet und liebkost er ihre Pantoffeln. Die stehen, wie uns Sigmund Freud erklärt hat, symbolisch für die Vagina. Das leuchtet schnell ein, wenn man daran denkt, wie der Fuß in den Pantoffel reinflutscht, und erklärt, wieso Flaubert die Schlappen so lustvoll betrachtet und sie sein Schreiben anheizen. Heute, an trostlosen Winterpandemietagen, können wir auch an Stiefel statt Pantoffeln denken. Vielleicht finden sich ja Stiefelchen mit Lackabsatz und in Vulvafarbe in euren Schuhregalen, die jetzt die Straßen erfreuen können. So wären Symbol und Signal deutlich – und die Kastra…