Wieso hast du das Format Roman gewählt, um dich an den komplexen Themen Rassismus, Identität und Zugehörigkeit abzuarbeiten?
Der Roman war für mich immer eine Kunstform, von der ich dachte, sie sei nicht für Leute wie „uns“, „wir“ seien nicht Teil der „echten“ Geschichten. Dabei wollte ich immer schon Romane schreiben – schon vor 25 Jahren habe ich angefangen, zu ähnlichen Themenkomplexen zu arbeiten. Auf die Angebote meiner Agentin meinten die Verlage nur achselzuckend: „Wir hatten doch schon mal eine Inderin.“ Aber es hat sich in den letzten Jahren auf dem deutschen Buchmarkt so viel verändert, und auch in den Debatten über Race. Es ist ein Bewusstsein für diese Themen entstanden. Es gibt jetzt so etwas wie eine Community aus Autor*innen, aus Büchern, aus Gedanken. Die Lebensrealität in

Deutschland kommt langsam auf dem deutschen Buchmarkt an.

„Identitti“ war sehr speziell für mich, weil ich noch nie ein deutschsprachiges Buch gelesen habe, in dem ich mich – als an der Uni arbeitende, queere Person of Color mit einem weißen und einem indischen Elternteil – so sehr wiedergefunden habe.
Das macht mich so glücklich! Denn ich dachte ja erst, worum es im Buch geht, sei Race. Aber eines meiner Hauptthemen ist, mixed-race zu sein. Mein Nicht-Dazugehören – und zwar nirgendwo dazuzugehören – war immer ein ganz zentrales Thema in meinem Leben. Mir war aber nie klar, woran das liegt. Weil es in Deutschland eine Art Gedächtnisschaden gab – Race gibt’s nicht und wir setzen uns gar nicht damit auseinander. Ich habe in den Spiegel geblickt und mich nicht als braune Person gesehen, sondern als weiße, die irgendwie komisch aussah. Ich habe unglaublich lange gebraucht, bis ich angefangen habe, Afroamerikanistik zu studieren – und das sind ja falsche Analogien,…