Interview: Marie Minkov
Foto: JJ Maurer

Was trägst du heute?
Das Oberteil hat mir meine Schwester geschenkt – sie hat einen guten Geschmack. Den Kopfschmuck habe ich schon so lange, dass ich nicht mehr weiß, wo ich ihn herhabe.

Wo kaufst du deine Kleidung?
Meine Freund*innen und ich machen oft Kleidertausche. Früher war ich viel kleiner als alle anderen, deshalb habe ich immer ihre alte Kleidung bekommen. Ich will große Läden nicht unterstützen und hab auch nicht das Geld, ständig shoppen zu gehen. Besondere Teile findet man auch eher in den Kleiderschränken anderer Menschen.

MISSY MAGAZINE 02/21, Styleneid
© JJ Maurer

Wie würdest du deinen Kleidungsstil beschreiben?
Intuitiv und zusammengewürfelt. Ich habe den Großteil meiner Kleidung nicht selbst ausgesucht, sondern ihn von Familie oder Freund*innen bekommen. Deshalb besteht mein Stil vor allem daraus, das, was ich habe, so lange zu kombinieren, bis es mir gefällt. Gerade dadurch, dass ich mir nicht so viele Teile leisten kann, fließt noch mehr Kreativität in meine Outfits, weil ich mit dem arbeiten muss, was ich habe. Das Kombinieren ist für mich auch ein freudiger Prozess. Ansonsten machen Accessoires sehr viel aus bei mir. Ich trage oft Schmuck aus dem Sudan, weil es mir wichtig ist, wenigstens ein Teil zu tragen, das meine Identität widerspiegelt.

Ist Mode also eine Möglichkeit für dich, deine Identität auszudrücken?
Auf jeden Fall! Ich glaube, die meisten Menschen drücken mit Mode ihre Persönlichkeit aus, und davon ist Identität natürlich ein großer Teil. Das bezieht sich nicht immer nur auf kulturelle Identität, sondern z. B. auch auf Emotionen. Wenn ich merke, dass es mir heute richtig schlecht geht, dann gebe ich mir besonders viel Mühe. Dann weiß ich: Okay, mir geht’s scheiße, aber wenigstens habe ich gerade dieses Outfit kreiert.

Dieser Text erschien zuerst in Missy 02/21.