„Heureka!“ Endlich ist es mir klar geworden: Mein lang anhaltender emotionaler Zustand, der mir mütterlicherseits vererbt wurde und sich in meiner Wahlfamilie wiederfindet (Frauen mit und ohne Uterus, Bisexuelle, Uranisten, Prekäre, sich Wandelnde, Jungenhafte, Kindliche, verschieden Ableisierte, unterschiedliche Menschen of Color, von denen ich in diesem Text als „wir“ spreche), hat einen Namen. Die psychologische Fachsprache bestätigt, dass wir das haben, was die Griechen phobos („Angst“) vor chairo („sich freuen“) nannten: eine Abneigung gegen das Glücklichsein. Ja, wir haben

Cherophobie, liebe Freund*innen, und es ist ein langfristiges Designprojekt.
Das erklärt vieles, u. a. das dumpfe Gefühl, dass etwas Schlimmes passieren wird, wenn wir uns in vollen Zügen amüsieren. Wir sollten stattdessen die Euphorie des Lebens meiden, um seine Folgetragödien zu verhindern. Als eigensinniges weibliches Kind bestätigte sich mir diese Argumentation – „das Unglück folgt dem Glück“ – bereits früh: jedes Mal, wenn ich trotz der „Lachen bringt Tränen!“-Warnung meiner Großmutter, die dieses Motto in ihrem patriarchalen Haushalt ständig unter Beweis stellte, in Gelächter ausbrach. Mit der Zeit hat sich diese erlernte Vorsicht vor dem Glück in einen größeren politischen Fatalismus verwandelt, mit dem Glauben, dass jede Freude, die auf einen Sieg folgt, ein Unglück mit sich bringt: Bevor wir uns an irgendeinem Ort über die Entkriminalisierung der Abtreibung freuen können, geschieht anderswo ein weiterer Femizid oder ein Hassverbrechen; während wir die kollektive Aufdeckung institutionalis…