Drei Kameradinnen
Hani, Kasih und Saya sind Freundinnen, verbunden seit der 1990er-Jahre-Kindheit in einer migrantisch geprägten Siedlung und jetzt für ein Wochenende zusammengekommen, um die Hochzeit einer Bekannten zu feiern. Doch das Wiedersehen wird überschattet vom medial dauerpräsenten Gerichtsprozess gegen eine Nazigruppe im
Stil des NSU. Dann kommt
es zu einem Brandanschlag
auf ein Wohnhaus und Saya
wird terrorverdächtig festgenommen. Ihre Freundin
Kasih rekonstruiert als Erzählerin die letzten gemeinsamen Tage und nimmt die
Leser*innen auch mit in die Vergangenheit der Freundinnen. Sie erzählt vom ständigen Begleiter des (Alltags-)Rassismus und den Problemen der Freundinnen, sich im Berufsleben oder in Beziehungen zurechtzufinden, jede auf ihre ganz eigene Art. Das Buch konfrontiert die Leser*innen mit eigenen Vorurteilen und Denkmustern, mit deutschen Verhältnissen und einer Erzählerin, die sich zunehmend als unzuverlässig erweist. „Drei Kameradinnen“ liest sich wie ein Thriller und hat drei starke Frauencharaktere im Zentrum, rüttelt wach und macht wütend. Shida Bazyars zweiter Roman nach dem 2016 erschienenen „Nachts ist es leise in Teheran“ macht deutlich, dass sie sich als eine schriftstellerische Stimme etabliert, die die deutsche Literaturszene dringend braucht. Holle Barbara Zoz

Shida Bazyar „Drei Kameradinnen“( Kiepenheuer & Witsch, 352 S., 22 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Es muss schreien, es muss brennen
In „Empathie-Tests“, ihrem ersten, ungemein erfolgreichen Essayband, beschreibt Leslie Jamison Krankheit, Schmerz und Möglichkeiten des Mit- und Einfühlens. In ihrem neuen Buch geht sie einen Schritt weiter und fragt: Ist es okay, das Leiden oder Leben anderer darzustellen? Was genau passiert, wenn wir es tun? Um das zu klären, erzählt sie u. a. von einer einsamen Frau, die sich mit einem einsamen Wal identifiziert, von fotografierten Bürgerkriegstoten, von Bildern und Büchern über Armut in den USA und Mexiko. Jamison lotet Hierarchien, Aneignungen, Verletzungen, aber auch Chancen aus, die im Berichten über etwas liegen. Das klingt kompliziert und ist es auch. Aber sie macht daraus anschauliche, dabei immer behutsame Texte. In der zweiten Hälfte des Buches erzählt sie auch von sich selbst: Es geht um Trennungen und Verlieben, Heirat in Las Vegas, den Alltag als Stiefmutter, um Schwangerschaft, Geburt, Magersucht und ihr Leben als trockene Alkoholikerin. Sie führt kulturtheoretische, politische, sehr persönliche Gedanken in einer literarischen Non-Fiction-Form zusammen, die mit Autorinnen wie Susan Sontag oder Toni Morrison eine prominente Tradition hat. Komplex und zugänglich zugleich zeigen Jamisons Essays, dass sich genaues Denken und lebensnahes Schreiben überhaupt nicht ausschließen. Im Gegenteil. Sabine Rohlf

Leslie Jamison „Es muss schreien,es muss brennen“( Aus dem Englischen von Sophie Zeitz. Hanser Berlin, 320 S., 25 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Entlarvung
Gefühlstaub geht Rubi ihrem Alltag nach: Arbeiten, langweilige Gespräche, Sexdates mit einem Prostituierten. Durch eine unverhoffte Begegnung mit einer eingefleischten Aktivistin ändert sich alles. Ohne zu wissen, was ihr fehlte, findet Rubi in ihr alle Antworten. Das neu erlangte Wissen über den drohenden Kollaps des Ökosystems reißt ihr den Boden unter den Füßen weg und ebnet den Weg für neue Prioritäten. Mit Bannern auf Demonstrationen zu gehen, reicht ihr nicht. Sie will, dass die Verantwortlichen ihren
Frust spüren, und ist bereit, alles aufzugeben.
Dass die Autorin des Romans selbst Tier- und Menschenrechtsaktivistin ist, merkt man. Pia
Klemp weiß, worüber sie
schreibt, und schildert die Abläufe der Aktionen genauso treffsicher wie die Charaktere. Dass die Kapitänin, die maßgeblich in die Seenotrettung von Geflüchteten im Mittelmeer involviert ist, nun in ihrem dritten Werk über die Klimakrise schreibt, ist konsequent. Denn der voranschreitende Klimawandel wird nicht nur für ein Massenaussterben in der Tierwelt sorgen, sondern auch zahlreiche Menschen zur Flucht zwingen. Die Autorin will, dass wir Verantwortung übernehmen und die Erderwärmung eindämmen. Wie ginge das besser als durch Politisierung, vegane Ernährung und zivilen Ungehorsam? Krissi Kowsky

Pia Klemp „Entlarvung“( Ventil Verlag, 217 S., 20 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Die Hauptsache
Hilary Leichters Debütroman „Die Hauptsache“ spielt zynisch mit der Ursache einer der Existenzängste unserer Zeit: fragile Lohnarbeit. Eine namenlose Zeitarbeiterin in New York springt von einem absurden Job zum anderen auf der Suche nach dem übergreifenden Ziel der Beständigkeit, der Entfristung. Die dauerhafte Angst der Ersetzbarkeit schleicht sich in ihre Arbeit und unsinnigen Aufgaben: Aushilfe auf einem Piratenschiff, Schließen und Öffnen von Türen, Assistenz eines Auftragsmörders, Verteilerin von magischen Flugblättern, Seepocke an der Küste und Mutter eines Jungen. Jede*r und alles ist ersetzbar, die Liebe, die
Freundschaft, selbst die Natur. Alle machen letztendlich nur ihren Job.
Hilary Leichter nutzt den
gegenwärtigen Jargon
von mechanischer Effizienz und Produktivität,
um eine generationsspezifische Angst zuzuspitzen
und eine weitere Schicht
der Menschlichkeit abzulegen. Dabei enttarnt sich die Zeitarbeiterin niemals emotional, wir wissen, was sie tut, aber nicht, wer sie ist, und es ist naheliegend, dass sie es selbst nicht weiß, denn sie übt sich daran, sich selbst zu belügen. „Die Hauptsache“ ist ein intelligenter Roman über die Hoffnung auf Stabilität, gelungen witzig, originell, tragisch und gleichzeitig genauso grauenvoll wie der Kapitalismus. Armeghan Taheri

Hilary Leichter „Die Hauptsache“( Aus dem Englischen von Gregor Runge. Arche Literaturverlag, 224 S., 20 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Why We Matter
Allein anhand ihrer eigenen Geschichte und Familie kann Emilia Roig schon so vieles erklären von dem, um das es in ihrem Plädoyer geht. Die promovierte Politologin beleuchtet alle möglichen gesellschaftlichen Diskriminierungsformen und ihre Muster. Als Tochter einer Schwarzen Frau aus Martinique und eines weißen, jüdischen Algerienfranzosen kam sie in Paris zur Welt – in eine Familie, in der der weiße Großvater Rassist ist und seinen Schwarzen Enkeltöchtern trotzdem ein liebevoller Opa sein kann. Wahrscheinlich ist es dieser familiäre Hintergrund, der Roig einen so differenzierten Blick auf die Gesellschaft mitgegeben hat. Wenig überraschend spielt Intersektionalität eine zentrale Rolle. Sie verliert nie das große Ganze aus dem Blick, setzt das meiste in Relation, geht Themen an von der Chancenungleichheit im Bildungswesen, der Medizin oder dem Gerichtssaal über unbewusste Privilegien (sie selbst ist nicht frei davon) bis hin zum Kanon klassischer Kultur und Wissensbildung. Die Theorie dahinter ist zwar nicht neu, doch die Stärke ihres Plädoyers liegt vor allem im Persönlichen. Klar und anschaulich schreibt Roig, sodass man ihr sehr gut folgen kann. Ihre Stimme dabei ist entschlossen und bleibt immer auch konstruktiv. Ein Beitrag, der die derzeitigen Diskurse bereichern kann. Tamara Marszalkowski

Emilia Roig „Why We Matter. Das Ende der Unterdrückung“( Aufbau Verlag, 397 S., 22 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Fang den Hasen
Sara lebt als Autorin in Dublin. Sie hat Boyfriend, Wohnung, Auskommen. Ihr geht es gut. Doch ein Anruf und sie lässt alles zurück. Es ist ein Anruf der besten Freundin aus Jugendtagen – aus Bosnien, dem Land, in dem Sara geboren wurde. Sara hat jahrelang versucht, Bosnien abzustreifen wie einen Makel, ein schmutziges Hemd. Und dann ruft Lejla an, weil ihr Bruder Armin angeblich in Wien gesichtet wurde. Ein Wunder, denn Armin ist seit den 1990ern verschollen – diesem düsteren Zeitalter Jugoslawiens, in dem Menschen einfach verschwanden. Plötzlich hat Sara alles vor Augen: Bosnien geprägt von Bürgerkrieg und ethnischen Säuberungen. Die Freundschaft zur vorlauten Bosniakin Lejla gibt der schüchternen Sara, Tochter des serbischen Polizeichefs in Banja Luka, Halt. Als Lejla nun zwölf Jahre später anruft, fährt Sara los – sie muss los – und begibt sich mit ihr auf einen Roadtrip. Es ist die düstere Sorte gemeinsamen Weges, mit Blick in die Vergangenheit und einem Hoffnungsschimmer, dem niemand traut. Und dann ist da noch die Geschichte mit dem begrabenen Hasen … Eine intensive Geschichte einer Frauenfreundschaft, geprägt von Schuld, Vergeben, Angst und Befreiung. Michaela Drenovaković

Lana Bastašić „Fang den Hasen“ (Aus dem Bosnischen von Rebekka Zeinzinger. S. Fischer, 336 S., 22 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Alles glänzt
In den USA ist Jacqueline Woodson längst eine bekannte Autorin, die sich vor allem mit ihren Kinder- und Jugendbüchern einen Namen gemacht hat. Hierzulande ist die 58-jährige Afro- amerikanerin jetzt mit „Alles glänzt“, ihrem zweiten Roman für Erwachsene, zu entdecken. Ihren Themen bleibt sie treu: Teenagerschwangerschaften, Versklavung, sexuelle Identität, Rassismus. Davon erzählt sie anhand von fünf Figuren, in deren Perspektiven sie abwechselnd schlüpft: Iris bringt Mitte der 1980er-Jahre mit
16 ihre Tochter Melody zur
Welt. Zwei Jahre später zieht
es sie weit weg, sie studiert,
hat ambitioniertere Pläne
für ihr Leben als der zurückbleibende junge Vater
Aubrey, der sich hingebungsvoll um Melody kümmert.
Die Erzählung setzt ein, als diese ihrerseits 16 Jahre alt ist. Einfühlsam erzählt Woodson von den Konflikten zwischen Mutter und Tochter, Aubrey und Iris, bezieht auch Iris’ Eltern ein, geht weit in deren von rassistischer Gewalt zutiefst geprägte Vergangenheit zurück: ohne lebendige Erinnerung kein Verständnis der Gegenwart. Mit Selbstverständlichkeit tauscht sie die klassische Rollenverteilung, zeichnet Iris’ Wünsche als legitim, wo viele in ihr eine schlechte Mutter sehen. Mit großer Nähe zu ihren Figuren fügt Woodson die einzelnen Stimmen wie Puzzleteile zur Geschichte einer Schwarzen Familie zusammen. Carola Ebeling

Jacqueline Woodson „Alles glänzt“ ( Aus dem Englischen von Yvonne Eglinger. Piper, 208 S., 22 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Alle drei Tage
Sie werden mit Säure überschüttet, ertränkt, angezündet, mit Äxten und Macheten verletzt. Den meisten Frauen sind ihre Mörder persönlich bekannt. Täglich versucht in Deutschland ein Mann, seine (Ex-)Partnerin umzubringen; jeden dritten Tag gelingt ihm dies. Diesen Zahlen entlehnen die Journalistinnen Laura Backes und Margherita Bettoni den Titel ihres Buches „Alle drei Tage. Warum Männer Frauen töten und was wir dagegen tun müssen“. In Erfahrungsberichten Überlebender und informierenden Kapiteln zu Täterarbeit, defizitärer Rechtsprechung und medialer Berichterstattung beleuchten die Autorinnen das Thema Femizide. Gerade die Schilderungen der Opfer machen die Essenz des Buches aus: Sie geben Frauen eine Stimme und wie die Erzählung einer Freundin bedürfen sie keiner sprachlichen Schnörkel, um emotional zu berühren. Aber auch der lösungsorientierte Blick der Kapitel auf Politik, Aktivismus und Journalismus anderer Länder verleiht
dem Werk Mehrwehrt. „Alle drei Tage“ erscheint
zu einem kritischen Zeitpunkt: Nicht nur Ereignisse
im Ausland wie die türkische
Aufkündigung der Istanbul- Konvention offenbaren Tiefpunkte im Schutz von Frauenrechten. Auch der fortwährende Lockdown hierzulande, der kaum Zufluchtsorte lässt, bedroht die Sicherheit von durch häusliche Gewalt betroffenen Frauen. Laura Patz

Laura Backes & Margherita Bettoni „Alle drei Tage. Warum MännerFrauen töten und was wir dagegentun müssen“ ( DVA, 208 S., 20 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Wie alle, nur anders
In ihrer Autobiografie nimmt Nora Eckert die Leser*innen mit ins queere Berliner Nachtleben der 1970er-Jahre, wo sie als Garderobiere in Europas bekanntestem Travestieclub arbeitet. Vom vermeintlich schwulen Mann emanzipiert sie sich zur trans Frau, deren Identität sie zunächst frei auslebt. Wie schwierig es damals für trans Personen ist, ein „normales“ Leben zu führen, verdeutlicht Eckert, die kaum eine andere Option sieht, als im nächtlichen Betrieb unter der Hand und ohne soziale Absicherung zu arbeiten. Das „Transsexuellengesetz“ 1981 ermöglicht es Eckert nach drei herabwürdigenden Gutachten, ihren Vornamen zu ändern. Auf dem Papier gilt sie dennoch als Mann. Es folgt der Übergang in ein bürgerliches Leben mit Bürojob, in dem sie versucht, ihre trans Identität streng geheim zu halten. Sie wird nebenberuflich Opernkritikerin. Lebhaft und wortgewandt blickt Eckert auf ihr schillerndes Leben zurück. „Wie alle, nur anders“ ist eine Liebeserklärung an Berlin, an die Künste und das kulturelle Leben. Vor allem aber ist es eine Bekundung ihrer Selbstemanzipation als trans Frau, als die sie sich erst am Ende ihrer bürgerlichen Karriere outet. Dabei kritisiert sie das Narrativ, „im falschen Körper geboren zu sein“, da es die ästhetischen Standards der binären Heterowelt zu erfüllen versucht. Katrin Börsch

Nora Eckert „Wie alle, nur anders. Ein transsexuelles Leben in Berlin“ ( C. H. Beck Verlag, 207 S., 22 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Unsere anarchistischen Herzen
Rebellischer Sinn oder sinnlose Rebellion? Während Charles im vermeintlich unangepassten Kosmos ihrer Hippiefamilie nach Struktur und Stabilität sucht, stürzt sich Gwen immer kompromissloser in selbstzerstörerische Auflehnung, um der oberflächlichen Welt ihrer SUV-Eltern zu entkommen. Ihr Umfeld ist konträr, trotzdem begegnen sie sich in einem Kiosk zwischen ihren Welten, wo beide primär keine Softdrinks, Zigaretten oder Kaugummis suchen, sondern das offene Ohr des Verkäufers Sinan. Die Suche nach Sinn und Selbst, die Zerrissenheit zwischen Rebellion und Kapitulation und die Ich-Bezogenheit der Eltern vereint die beiden und sie finden ineinander Liebe und Solidarität, die explosives Potenzial haben. Lisa Krusche beschreibt in ihrem Debütroman den pubertären Kampf zweier Teenagerinnen, die Abgrenzung vom verkorksten Elternhaus suchen. Den Aufstand beschreibt Krusche nicht nur inhaltlich – auch ihre Sprache sprengt einige Grenzen: im Spiel mit Groß- und Kleinschreibung, mit englisch-zeitgenössischem Jugendslang, poetischen Satz- und Wortkonstruktionen und
verbalisierter Farbenlehre. Charles ist blau, sie löst sich immer mehr in der Sorge um ihre kaputte Familie auf. Gwens rote Wut auf ihre kapitalistischen Eltern äußert sich in Selbsthass und Gewalt. Gemeinsam suchen sie die goldene Freiheit. Laura Helene May

Lisa Krusche „Unsere anarchistischen Herzen“ ( S. Fischer, 449 S., 23 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Radikale Zärtlichkeit
Was ist Liebe und kann sie radikal neu gedacht werden? Unter Einbeziehung ihrer eigenen Biografie arbeitet sich Şeyda Kurt an der monogamen Paarbeziehung ab. Das Buch gründet auf Unbehagen, legt es offen und lässt damit an Judith Butler denken, deren „Unbehagen der Geschlechter“ 1990 den Startschuss für die heutige Queer Theory gab. Tatsächlich zieht auch Kurt Butler an einer Stelle heran und lässt diese das Abhängigkeitsgefüge kindlicher Liebe erläutern. Sich später von jeglichen Abhängigkeiten lösen zu können und so ein Ideal romantischer Liebe zu verwirklichen, outet Kurt selbst als Utopie. Bei Romantik handle es sich immer um ein mythenbeladenes Ergebnis historischer Prozesse, die vor allem Macht zum Ziel gehabt hätten. Der Wunsch der Autorin, mit ihrem Werk Unordnung und wiederum auch Unbehagen zu stiften, geht nicht ganz auf – dafür ordnet sie zu viel, analysiert zu einleuchtend. Stattdessen erhalten wir Leser*innen einen klugen und sehr gewitzten Überblick über die meisten aktuellen feministischen Diskurse, dazu liefert Kurt geschichtliches Hintergrundwissen, betrachtet am Rande bereits die Auswirkungen der Pandemie und weist Karl Marx in einem fiktiven Dialog auf sexistische Lücken im „Kapital“ hin. So dekonstruiert sie viele Vorstellungen über Liebe. Das Private ist politisch. Yala Pierenkemper

Seyda Kurt „Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist“( Harper Collins, 225 S., 18 Euro )

 

 

 

 

 

 

 

Unentbehrlich
Vor dem Hintergrund der Anschläge in Hanau und Halle, rassifizierender Pandemie-Politiken und Black Lives Matter initiierte der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) den Sammelband „Unentbehrlich“. Die Autor*innen widersetzen sich der Normalisierung rechter Gewalt durch die Sichtbarmachung ihrer historischen Kontinuitäten, Ausprägungen und systematischen Dimension. Entlang von fünf thematischen Bereichen – Gesellschaft und Medien, Justiz und Polizei, Allianzen und Communitys,
Beratung und Positionierung
sowie Aufarbeitung und Gedenken – verweisen die kurz
gehaltenen und besonders
zugänglichen Beiträge eindringlich auf die Unentbehrlichkeit antirassistischer
Solidarität in einer postgenozidalen, postkolonialen und postmigrantischen Gesellschaft. Der Band lebt von seiner Vielstimmigkeit: Er versammelt intersektionale Stimmen aus Communitys of Color, Selbstorganisationen, Beratungsstellen und Unterstützer*innengruppen, die wertvolles Widerstandswissen, Reflexionen aus der Beratungs- und Unterstützungspraxis sowie Perspektiven in Bezug auf die Aufarbeitung rechter Gewalt mit uns teilen. Den unentbehrlichen Solidarisierungsprozessen schenken sie somit neue, verbindende und besonders praxisrelevante Impulse. Céline Barry

Harpreet Kaur Cholia & Christin Jänicke (Hg.) „Unentbehrlich. Solidarität mit Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt“ ( Edition Assemblage, 224 S., 16 Euro )

Diese Texte erschienen zuerst in Missy 03/21.