Als ich „Die Glasglocke“, den einzigen Roman von Sylvia Plath, gelesen habe, hat es mich umgehauen. Ich lese viel, entdecke immer wieder Neues – aber dass mich ein Buch so reinzieht, durchschüttelt und wieder ausspuckt, kommt selten vor. Esther, die zwanzigjährige Protagonistin, verbringt als Praktikantin einer Modezeitschrift einen Sommer in New York. Doch sie fühlt sich eigenartig. Was eigentlich die beste Zeit ihres Lebens sein sollte, scheint ihr inhaltsleer. Mit treffenden Worten beschreibt Sylvia Plath die

Geschehnisse, man ist sofort mit ihr in der 1950er-Jahre-Glamourwelt der auftoupierten Haare und Shrimp-Cocktails.

Ihre entrückte Stimmung wird nicht besser, als sie nach dem Sommer in die einfachen Verhältnisse der heimatlichen Kleinstadt zurückkehrt – ganz im Gegenteil. Sie versucht, einen Roman zu schreiben, kommt aber über die ersten Zeilen nicht hinaus. Sie will und kann kaum noch etwas tun. Es folgen Aufenthalte in Kliniken und Plaths präzise beobachtende Sprache leuchtet auch diese Abgründe aus. „Die Glasglocke“ erschien erstmals 1963, dem Jahr, in dem sich Plath das Leben nahm, der Roman ist autobiografisch geprägt.

Missy Magazine 03/21 - Now and Then
© Thomas Ott; Suhrkamp Verlag

Abgesehen davon, dass das Buch brillant geschrieben ist, hat es mich berührt…