Podcastrezis 04/21
Von
HerStory
Es sind meist Männer, die als wichtige historische Persönlichkeiten gelten: Dickbäuchige Herren mit Koteletten und Monokeln zieren die Geschichtsbücher. Wo sind da bitteschön die Frauen? Das hat sich auch Jasmin Lörchner, Historikerin und freie Journalistin, gefragt. Um FLINT sichtbarer zu machen, hat sie im Juni 2020 den Podcast „HerStory“ gestartet. Alle zwei Wochen präsentiert sie eine Persönlichkeit, die einen Platz in den Geschichtsbüchern verdient hätte. Hörer*innen erfahren, dass die Afroamerikanerin Henrietta Lacks eine Revolution in der Krebsbehandlung bedingte – durch eine ohne ihr Wissen und Einverständnis in den 1950er-Jahren entnommene Gewebeprobe. Lörchner konzentriert sich jedoch nicht bloß auf Held*innen, sondern stellt auch Personen wie die rumänische Politikerin und Diktatorengattin Elena Ceaușescu vor. Meist spielen Frauen die Hauptrollen. Mit der Biografie des Dr. James Barry erzählt Lörchner jedoch auch die Geschichte eines mutmaßlichen trans Arztes im 19. Jahrhundert. Mit ruhiger Stimme vollzieht die Erzählerin die beeindruckenden Biografien ihrer Protagonist*innen chronologisch nach – von deren Geburt bis zum Tod. Dieser einfache Stil wird nie langweilig, dank hoher Informationsdichte und sauber recherchierter, historisch fundierter Fakten. Nicht nur für Geschichtsnerds hörenswert! Katrin Börsch
„HerStory – starke Frauen der Geschichte“ Jasmin Lörchner, 15–135 Min., Apple Podcasts, Deezer, Spotify
Körperkram
Zwei Frauen sprechen in dreißig- bis vierzigminütigen Folgen offen über alles rund um den Körper – das ist das Konzept von „Körperkram“. Die Sprecherinnen sind die Moderatorinnen und Autorinnen Miyabi Kawai (bekannt aus „Schrankalarm“) und Vreni Frost. Ihre Themen sind vielfältig und reichen von Essstörungen über Darmspülungen bis hin zu Menstruationsbeschwerden. Sympathische Sprecherinnen, abwechslungsreiches Setting. Alle Hausaufgaben gemacht – podcasttechnisch. Doch „Körperkram“ bleibt ein bisschen vanilla. Immer auf der sicheren Seite, was angesichts der Plattform Audible und der wenig aneckenden Karriere der Sprecherinnen auch nicht überrascht. Die stärksten Stellen sind jene, in denen es um Rückschläge und Krankheiten geht. Die Offenheit rund um die eigenen gesundheitlichen Schwierigkeiten und die dazu geteilten Einsichten sind Kawais und Frosts wahre Leistungen in diesem Format. „Körperkram“ haut eine nicht um, ist nicht revolutionär, aber der Podcast ist auch nicht langweilig oder problematisch. „Körperkram“ ist – da. Wie ein Körper eben, im Optimalfall. Aber vielleicht ist ja genau diese unaufgeregte Haltung der Reiz eines guten Podcasts. Und zugleich die Lösung vieler unserer Körperfragen. Olja Alvir
„Körperkram“ Miyabi Kawai & Vreni Frost, 30–40 Min., Audible
Diese Texte erschienen zuerst in Missy 04/21.