Interview: Céline Barry

Elsa Fernandez hat mit „Fragmente über das Überleben“ ein Buch aus romani Perspektive geschrieben. In diesem thematisiert sie die Gewalt der Unsichtbarmachung von romani Geschichte/n, den anhaltenden Gadje-Rassismus – also Rassismus, der von nicht-romani Personen ausgeht – und das Fehlen menschlicher Beziehungen in der postgenozidalen und postfaschistischen Gesellschaft. Dabei bringt sie die Stimmen und Werke von romani und anderen Autor*innen und Theoretiker*innen of Color in einen Austausch über die Möglichkeiten der Heilung durch menschliche Beziehungen. Aus einer Schwarzen geschwisterlichen Perspektive gehe ich mit Elsa ins Gespräch.

Liebe Elsa, du deckst viele Wissenslücken auf zu Pharrajmos – eine romani Bezeichnung des Genozids an romani Menschen in Europa zwischen 1933 und 1945 –,

Romani- Verfolgung in Europa, Gadje-Rassismus, der institutionalisiert und kultiviert wird, aber auch zu selbstbestimmten romani Geschichten. Dein Ziel ist eine würdevolle Geschichtsschreibung, die auf alltäglichem Forschen beruht, das du u. a. als die Arbeit einer Detektivin beschreibst. Wie sah dies in Bezug auf das Buch aus?
Die detektivische Arbeit bestand aus vielen Aspekten. Ich musste Spuren aufsuchen – romani Gedanken, Worte, Töne, Schriften –, die von Weißen verdeckt und verstummt worden sind. Wenn du nach historischen Fakten über romani Sachen suchst, musst du mindestens drei Mal prüfen und vergleichen, ob das, was von Gadje gesagt und geschrieben wurde, wirklich stimmen kann. Die Forschung und der Diskurs über die romani Geschichte – egal, ob über Kunst, präzise Aspekte des Pharrajmos oder Traumata – sind voller epistemologischer und faktischer Irrtürmer und voller Gewalt, da die Autor*innen fast nie reflektieren, dass ihre Annahmen oder Fragestellungen gadje sind. Dann müssen w…