Von Hengameh Yaghoobifarah

Rachel ist vieles, aber nicht glücklich. Die 24-jährige Protagonistin stellt uns in Melissa Broders neuem Roman „Muttermilch“ zuerst ihre Essstörung vor. Von einer knapp kalkulierten Mahlzeit hangelt sie sich zur nächsten. In ihren Alltag zwischen abgelaufenen Nikotinkaugummis mit Wasser und kalorienreduzierter Schokomuffinglasur mit fettarmem Joghurt bricht ihr Agenturjob als Talentmanagerin ein, samt nervigen Kolleg*innen und dem Sinnbild neoliberaler Pseudo-Wokeness: ihr Chef Brett Ofer. „Ofer eignete sich ein oberflächliches Wissen über soziale Gerechtigkeit an, wie es in Artikeln über Diversität,

Inklusion und gleiche Bezahlung im Hollywood Reporter propagiert wurde“, heißt es. „Ständig machte er Anspielungen auf seine ,Privilegien‘ – und auf unser Privileg, hier arbeiten zu dürfen.“ Später beruft Ofer ein Meeting ein, weil die Fake-Follower, die sie für ihre Schauspieler*innen kaufen, nicht divers genug sind. Los Angeles halt.

Wer Melissa Broders Twitter-Feed „So Sad Today“ kennt, hat den zynischen Humor der Autorin bereits zu schätzen gelernt. Der ist jedoch nicht nur ihre Stärke, sondern auch Rachels. An einem Abend pro Woche tritt sie auf der Comedy-Bühne „This Show Sucks“ auf, ansonsten geht sie nach Feierabend ins Fitnessstudio. Freund*innen hat Rachel keine, eigentlich ist ihre Kollegin Ana die einzige Person, mit der sie so etwas wie Spaß hat. Während sie auf einen Tee in der Büroküche über das Kollegium lästern, freut Rachel sich über die Bestätigung durch ihre Milf-Kollegin, die in Rachels Masturbationsfantasien eine prominente Rolle spielt. Durch Anas Akzeptanz beim gemei…