Von Sonja Eismann

Vielleicht noch etwas, das die dystopische Zukunft bringen wird: Menschen, die ihre Eltern verklagen, weil sie sie auf die Welt gebracht haben.“ Über diese Möglichkeit denkt die namenlose Ich-Erzählerin in Sigrid Nunez’ neuestem Roman nach, während sie sich mit

ihrer Freundin, die sie bis ans tödliche Ende von deren Krebserkrankung begleiten soll, über ihren Ex unterhält. Der wiederum Bücher über das nahende Ende der Welt aufgrund der Klimakatastrophe schreibt und sich daher wünscht, seine Enkelkinder wären nie geboren worden.

Es lässt sich wirklich nicht behaupten, dass die Themen, über die die US-Autorin in ihrem neunten Buch nachdenkt, besonders freudvolle wären. Immer wieder geht es – mit Verweis auf den ersten Satz aus Ford Madox Fords Roman „The Good Soldier“ – um eine der vielen „allertraurigste(n) Geschichte(n), die ich je gehört habe“, um die Hoffnungslosigkeit der Zukunft, und darum, dass wir beim Sterben ganz allein sind. Doch Nunez, die 2018 mit ihrem Hunderoman „Der Freund“ einen Überraschungserfolg hingelegt hat, verharrt nicht in der Düsternis. Vielmehr möchte sie, ganz so, wie William Faulkner es sich gewünscht hat, mit erzählerischer Genauigkeit zurückfinden „zu den alten universellen Wahrheiten – Liebe und Ehre und Mitleid und…