Was reißen
Von
Von Frederik Müller
Fotos: Anna Tiessen
Verzerrte, blecherne Töne dringen aus meinem Computer. Eds Stimme klingt wie eine Übertragung aus der Zukunft, die Galaxien, Lichtjahre und Wurmlöcher überwinden musste, um heute über Zoom zu mir zu sprechen. In Wirklichkeit ist er nur im Fahrstuhl. Er nimmt mich per Handy auf eine Spazierfahrt über die Berliner Sonnenallee mit. Ed Greve ist Aktivist, wir kennen uns seit Jahren. Unsere erste Begegnung war auf einer Demo gegen Nazis, später trafen wir uns auf queeren Veranstaltungen oder im Berliner Club SchwuZ, der seit seinem Umzug von Kreuzberg nach Neukölln 2013 auch für Rollstuhlfahrer*innen
zugänglich ist. Seit 2015 arbeitet Ed bei i-Päd, der Initiative intersektionale Pädagogik, seit 2017 beim Migrationsrat Berlin. Ich kenne ihn aber auch als Schauspieler und Spoken-Word- Künstler und natürlich als Freund. Wir diskutieren in letzter Zeit viel über Politik und er bezeichnet mich als seinen größten Hater, jedenfalls innerhalb des Freund*innenkreises. Sein Antritt zur Wahl für das Berliner Abgeordnetenhaus in diesem Jahr fasziniert mich. Wieso wechselt jemand, der doch durch seine Arbeit einfach nur desillusioniert vom deutschen Staat und seiner Demokratie sein kann, in die Position eines Repräsentanten genau dieser Demokratie?
Das Berliner Abgeordnetenhaus wird alle fünf Jahre gewählt. Menschen, die in Deutschland das passive Wahlrecht besitzen und in Berlin gemeldet sind, können sich dafür zur Wahl stellen. Die Abgeordneten tagen alle zwei Wochen, das heißt, sie sind keine Vollzeitparlamentarier*innen. Als Abgeordneter könnte Ed über den Haushalt mitbestimmen, also darüber, wie viel Geld in B…