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Ist es nicht schön hier
Knapp 1,4 Milliarden Einwohner*innen hat China aktuell. Dieser Zahl der Superlative nimmt das großartige Debüt von Te-Ping Chen ihre Anonymität. Aus zehn grundlegend ver- schiedenen Perspektiven reißen die einzelnen Kurzgeschichten an, welche Lebensrealitäten in diesem Land aufeinandertreffen. Auf den Skalen von Dorf zu Metropole, patriotisch zu regierungskritisch, arm zu reich bewegen sich diese Episoden dabei in alle Richtungen. Und auch wenn der permanente Maximierungsdrang der Industrienation genauso kritisch beäugt wird wie die antidemokratischen Strukturen, so steht etwas ganz anderes im Vordergrund. Selbst im engen Rahmen der Kurzgeschichten entwickeln sich nämlich schnell Bindungen zu den liebenswerten Protagonist*innen – zu dem alternden Erfinder Cao Cao in der Provinz, den Gefangenen in einer Bahnstation oder der Hotline-Mitarbeiterin Bayi. Chens Händchen für Erzählformen intensivieren dieses Erlebnis ungemein. Vom nahezu monotonen Ton in „Lulu“ über die überspitzte Erzählstimme von „An meiner Straße“ bis zum magischen Realismus in „Die neue Frucht“ entfaltet sich eine immer wieder neue Grundstimmung, die die Emotionen jeder einzelnen Geschichte mit kräftigen Farben vor das geistige Auge pinselt. Ein bewegendes Debüt, das seinem großen Anspruch mehr als gerecht wird. Julia Köhler
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Te-Ping Chen „Ist es nicht schön hier“ ( Aus dem Englischen von Anke Carolin Burger. Aufbau Verlag, 251 S., 22 Euro )
Ein erhabenes Königreich