„Ich wusste nicht, wem ich glauben sollte. Mir selbst, oder den anderen.“ Ada* war 21, als sie sexualisierte Gewalt erlebte. Ein Opfer sein, das wollte sie nicht. Aussprechen, was sie erlebt hatte, ebenfalls nicht. Vor allem nicht vor sich selbst. Zu groß war die Angst, dass ihr nicht geglaubt würde. Dass ihr Umfeld sie so empfände, wie sie sich selbst fühlte: schuldig. Dass Betroffene ihr Erleben von sexualisierter Gewalt infrage stellen, ist leider nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Das Nicht-wahr- haben-Wollen dessen, was nicht sein darf, be- gleitet den Verarbeitungsprozess – oft jahrelang. So auch bei Ada. Lange versuchte sie, das Geschehene zu verdrängen, es als „Übergriffigkeit“ abzutun. Bis sie es nicht mehr konnte, weil ihr Körper es nicht mehr zuließ: Panikattacken, Angst vor der Begegnung mit dem Täter, depressive Episoden. „Scham und Schuldgefühle spielen im Prozess der Verarbeitung von sexualisierter Gewalt eine große Rolle. Je mehr sie da sind, desto schwieriger ist die Verarbeitung“, erklärt Astrid Lampe, Vorstandsmitglied der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT e.V.) , in einem Interview mit dem Online-Magazin „ze.tt”.

Missy Magazine 05/21, Die Zweifel der anderen, Gesundheitstext
© Anna Beil

Durch sie steigt die Wahrscheinlichkeit einer Stressfolgeerkrankung, wie bspw. einer posttraumatischen Belastungsstörung. Man beschäftigt sich mehr mit der eigenen Rolle als mit der traumatischen Erfahrung an sich. Als Ada sich schließlich dazu entschloss, sich ihrem Umfeld anzuvertrauen, wurden ihre Befürchtungen wahr: Ihr wurde von einer engen Freundin nicht geglaubt, es kam zu einem Bruch der Freundschaft. „Ich war voller Selbstzweifel, habe mich gefragt, ob ich übertreibe, mich selbst belüge. Plötzlich wurde ich von meiner Freundin als Täterin wahrgenommen, die jemanden zu Unrecht beschuldigt.“ Ada vertraute ihrer Freundin, somit auch ihrer Wahrnehmung. Und stellte sich so selbst no…