Von Marieke Bäumer
Illustration: Rahel Süßkind

Viele Menschen kategorisieren und ordnen gerne. Wer sich nicht entscheiden kann, greift auf die gute alte Pro-und-Contra-Liste zurück oder übernimmt von Aufräumgurus wie Marie Kondō die Leitfrage „Macht mich das glücklich?“. Wenn es um T-Shirts geht, ist das hilfreich. Doch was passiert, wenn eine*n die Kategorie, in die man als Mensch passen soll, nicht glücklich macht? Genau dies erfahren viele Personen mit der Kategorie Geschlecht, die als natürliche Tatsache dargestellt wird. Dabei handelt es sich auch bei dieser Kategorie um ein menschengemachtes Ordnungssystem.

Um die Existenz der Geschlechter und deren angebliche Eigenschaften zu begründen, wird schon lange die Biologie zurate gezogen. Lediglich die biologischen Begründungsversuche selbst haben sich mit den Jahren verändert. Während die Kategorie Geschlecht zunächst anhand von äußeren Geschlechtsmerkmalen belegt werden sollte, suchten Wissenschaftler*innen die Beweise später bei nicht sichtbaren Merkmalen. Für den Sexualforscher Heinz-Jürgen Voß ist dieses Vorgehen ein Beleg dafür, dass unsere Wahrnehmungen von Geschlecht an sich keine festgelegten Tatsachen, sondern veränderbar sind. Geschlechtsmerkmale, so Voß, „veränderten sich mit der Entwicklung von Wissenschaft und Gesellschaft“.

Auch in nicht-wissenschaftlichen Bereichen ist diese Entwicklung zu beobachten. Noch bis Ende der 1960er-Jahre mussten Frauen, die an den olympischen Spielen teilnahmen, ihr Geschlecht unter Beweis stellen, indem Prüfer*innen die Brüste und Vulven der nackten Sportlerinnen …