Von Senami Zodehougan
Als ich 13 Jahre alt war, war eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, auf Zeitreisen zu gehen. In meinem Kopf, versteht sich. Die Realität, in der ich mich befand, gab einfach nicht viel her, mit dem ich mich als Black Babyqueer in Ostdeutschland gut fühlte. Deshalb verbrachte ich viel Zeit damit, verträumt auf meinem Drehstuhl zu hängen und Löcher in die Luft zu starren. Eine meiner Go-to-Szenarien waren Beziehungen, romantischer oder sexueller Natur. In der Schule hatte mich ein*e Freund*in gefragt: „Wie viele Beziehungen willst du später mal haben?“ Sie meinte: so insgesamt im Leben. Ich verstand: gleichzeitig. Die Vorstellung, mehrere erfüllende Beziehungen auf einmal zu haben, versetzte mich in Euphorie.
Auch heute beschäftigt mich das Thema: In welcher Art von Beziehungen möchte ich leben? Mit wem wie nah? Wie viele auf einmal kann ich mir vorstellen? Platonisch,
romantisch, sexuell, intim? Was sind die Möglichkeiten und welches emotionale Handwerkszeug ist hilfreich dabei, sich mit sich selbst und den manchmal heftigen Gefühlen auseinanderzusetzen, die einvernehmlich nicht-monogame Beziehungskonstellationen mit sich bringen?
1997 erschien das Buch „The Ethical Slut“ und gab vielen Menschen in CNM-Beziehungen eine gemeinsame Sprache und wertvolle Unterstützung in der praktischen Umsetzung. CNM ist die Abkürzung für consensual non-monogamy (zu Deutsch: einvernehmliche Nicht-Monogamie) und beschreibt das Feld an Möglichkeiten, in welchem intime, sexuelle und romantische Verbindungen zwischen mehr als zwei Personen stattfinden, alle Beteiligten voneinander wissen und der jeweiligen Beziehungsstruktur aktiv zugestimmt haben. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, CNM zu leben, z. B. offene Beziehungen,
(nicht-)hierarchische Polyamorie, Beziehungsanarchie, Solo-Polyamorie, Swingen etc.
„The Ethical Slut“, erschienen 1…