Von Isabella Caldart

Als ein Bestiarium wird eine allegorische Tierdichtung oder eine Sammlung von Tierdarstellungen bezeichnet – und so heißt auch der Debütroman von K-Ming Chang. Die Autorin beschreibt darin drei Generationen von US-amerikanisch-taiwanesischen Frauen in Arkansas und Kalifornien. „Bestiarium“ ist aber kein klassisch-erzählender Gesellschaftsroman, im Gegenteil.

Chang verbindet darin taiwanische Mythologie, magischen Realismus, Erzählungen von Queerness, intergenerationale Traumata, Exilerfahrung in der Diaspora und sehr intensive Körperlichkeiten. Das klingt nach viel – ist auch viel –, ist aber gleichzeitig dicht und schlüssig erzählt.

Eine als weiblich gelesene Person sitzt mit langen schwarzen Haaren auf einer Treppe - Missy Magazine - K-Ming Chang
© Trina Quach

Der Roman beginnt damit, dass die Familie im Garten Löcher gräbt auf der Suche nach Gold, das der Großvater vielleicht einst versteckt hatte. Das Gold finden sie nicht, die Löcher aber bleiben, und sie entwickeln ein Eigenleben. Jedes Mal, wenn die Tochter die hungrigen Löcher füttert, spucken diese Briefe der Großmutter aus der Vergangenh…