Pop-up-Streik
Von
Von Nelli Tügel
Illustration: Diana Bobb
Kein Durchkommen für die Chefs, kein Durchkommen für Streikbrecher*innen, hier steht alles still. „No pasarán“ steht auf einem Transparent über dem Eingang des Gorillas-Warehouse, Anfang Oktober, mitten im Bergmannkiez in Berlin-Kreuzberg. Davor haben sich etwa drei Dutzend Menschen versammelt, Arbeiter*innen umzingeln einen Manager, der versucht, die Stimmung zu beruhigen: ohne Erfolg. Löhne würden zurückgehalten, gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeiten zwischen den Schichten nicht eingehalten, Kolleg*innen gemobbt, einem sei plötzlich gekündigt worden. Die an das Schaufenster geklebte Forderungsliste des Gorillas Workers Bergmannkiez Warehouse ist lang und betrifft u. a. Bezahlung, Arbeitsbedingungen, Sicherheit und Einbeziehung der Arbeiter*innen in Entscheidungsprozesse.
Was dort in Kreuzberg geschieht, nämlich dass Beschäftigte „wild“ streiken – also spontan, jenseits von Tarifverhandlungen und ohne Aufruf einer Gewerkschaft –, ist in Deutschland extrem selten. Bei Gorillas allerdings wiederholt sich die Szene seit Monaten regelmäßig.
Zum ersten Mal legten Berliner Rider unter großem öffentlichen Interesse am 09. Juni und an den darauffolgenden Tagen ihre Arbeit nieder – nach der Kündigung eines Kollegen blockierten sie an immer wechselnden Standorten die Eingänge: Vor allem an den Unsicherheiten während der sechsmonatigen Probezeit sowie der Befristung von Arbeitsverträgen, meist für ein Jahr, sollte sich etwas ändern.
Tagelang mischten die Streikenden Anfang Juni ihren Betrieb – ein rasant wachsendes, mit mehr als einer Milliarde bewertetes sogenanntes „Einhorn“ – auf und schafften es damit in alle großen Medien. Drei Dinge kamen ihnen dabei zugute. Erstens: eine zu diesem Zeitpunkt große Angst …