Von Victoriah Szirmai

Berlin, Club Gretchen. Die Saallichter verlöschen, das Schlagzeug setzt mit einem dunklen Dub-Beat ein, zu dem sich bald ein blubbernder Bass und spitz akzentuierte Keys gesellen. Junge Frauen, zurechtgemacht wie für eine Nacht im heißesten Club der Stadt, tanzen ausgelassen in der ersten Reihe, während ihre Altersgenossin Nubya Garcia, Londons Jazz- Shootingstar der Stunde, nach dem Auftakt der Band die Bühne betritt und mit volltönendem Baritonsaxophon die Menge zum Kochen bringt. Moment mal. Der Groove, das Publikum, die süßlichen Rauchschwaden in der Luft – das soll Jazz sein?
Ist es, und zwar jener neuerer Londoner Provenienz. Schließlich gehört die UK- Hauptstadt – neben New York und Berlin – zu den Metropolen, in denen Jazz aktuell seine dringend benötigte Erneuerung und Verjüngung erfährt. Zwar ist auch diese Jazz-Szene noch immer eine

Spielwiese für (große) Jungs, das könnte sich aber bald nachhaltig ändern. „Früher dachte ich: Frauen sind vielleicht einfach ungeeignet für Blechbläser“, erzählt die Trompeterin Yazz Ahmed. „Aber ich hatte eine Trompetenlehrerin und später entdeckte ich Frauen wie Kiku Collins aus Beyoncés Band. Ich lernte, dass man Trompete spielen und trotzdem als weiblich wahrgenommen werden kann.“ Zuversichtlich zeigte sich vor wenigen Jahren auch Labelchefin und Multiinstrumentalistin Emma-Jean Thackray: „Es fühlt sich gerade alles sehr gut an. Es ist empowernd, dass junge Hörer*innen, insbesondere weibliche und nicht-binäre, von uns inspiriert werden und ein Instrument in die Hand nehmen wollen.“ Neben weiteren Instrumentalistinnen wie z. B. der Trompeterin und bildenden Künstlerin Sheila Maurice-Grey oder der Jazz-Harfenistin und Produzentin Nala Sinephro gehören zu den Kernfiguren der Contemporary-UK-Jazz-Szene vor allem Saxofonist Shabaka Hutchings und seine Projekte Sons of Kemet und The Comet Is Coming, der S…