Von Sarah Held

Feminismus, Aktivismus und Kunst, insbesondere Mode und das Textile begleiten mich schon lange. Daher scheint es logisch, dass ich mich auch in meiner Arbeit als Modewissenschaftlerin damit auseinandersetze. Der jüngste Boom von textilen Handarbeiten als Aktivismusform überlappte mit meiner Studienzeit in den Nullerjahren. Damals hatte ich die ersten Berührungspunkte mit kritischen Gestaltungsbewegungen wie bspw. Radical Crafting oder Guerilla Knitting. Allerdings habe ich mich immer gefragt, wie politisch diese Arbeiten und öffentlichen Raumeinnahmen wirklich sind – oder ob es sich dabei doch nur um eine pseudofeministisch-aktivistische Rhetorik oder traditionelle Handarbeitspraxis in hippem Gewand handelte. Teilweise trifft hier der Vorwurf einer gewissen Inhaltsleere oder der Bestätigung von Weiblichkeitsstereotypen durchaus zu. Dennoch habe ich im Zuge meiner lang jährigen Forschungen gerade bei Projekten bzw. Kollektiven wie Das Radikale Nähkränzchen, das sexualisierte Gewalt im persönlichen

Nahraum thematisierte, Desconoci- das Unknown Ukjent, das Femizide in Ciudad Juárez fokussiert, oder dem Monument-Quilt- Projekt aus Baltimore viel Potenzial in puncto feministischen Widerstands gefunden. Am meisten interessierte mich das Spannungsfeld, das textile Handarbeiten durch ihre kulturellen Zuschreibungen als weiblich/häuslich/tugendhaft erzeugen, wenn sie als Material für eine feministisch-künstlerische Widerstandspraxis gegen sexualisierte Gewalt und Femizide genutzt werden.

Missy Magazine 01/22, Mode
© Kollektiv „Force: Upsetting Rape Culture

Im Kontext aktueller Entwicklungen unterschiedlicher sexualisierter Gewaltformen beschäftigen mich deshalb diese Fragen und Themen: Wie können diese Gewaltverhältnisse nicht nur auf einer Sichtbarkeitseben…