Von Hêlîn Dirik

Die junge Aktivistin Hêvîn, die Schauspielerin werden möchte. Saniye, auch Zûrê genannt, die ein Café in Schöneberg betreibt und davon träumt, in ihrem Dorf in Kurdistan zu leben. Gülşah, genannt Neno, die Großmutter der Regisseurin, die regelmäßig für längere Zeit die Heimat besucht. Diese drei Frauen, Kurdinnen aus drei Generationen, alle in Berlin lebend, hat Serpil Turhan für ihren Dokumentarfilm „Köy“ drei Jahre lang begleitet. „Köy“ feierte im November als Eröffnungsfilm der Duisburger Filmwoche Premiere und soll im April in die Kinos kommen. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs läuft ihr Dokumentarfilm „Dilim Dönmüyor“ (2013), in dem es um Assimilation und um den Verlust der kurdischen Sprache geht, auf der Berlinale. Die Regisseurin ist selbst in Berlin geboren und lehrt Dokumentarfilm an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe.
Als ich mir „Köy“ im Vorfeld unseres Gesprächs ansehe, will ich mir einige Gedanken notieren, doch schon die ersten

Minuten des Films schaffen eine so vertraute Atmosphäre, dass ich beschließe, die ruhigen Gespräche einfach nur auf mich wirken zu lassen. Diese finden meist in den Wohnungen der Protagonistinnen statt und lassen mich den Wunsch verspüren, mich mit einem Glas Tee dazuzusetzen. Die erste Szene etwa zeigt Serpil Turhans Großmutter, die gerade die Süßspeise Aşûre zubereitet, die meist zum Ende der alevitischen Fastenzeit in der Gemeinschaft verteilt und verzehrt wird. Die Gespräche mit den Protagonistinnen – die sich im Film nicht begegnen – führt Serpil Turhan auf Deutsch und Türkisch. Es sind aber vor allem kurdische Zeilen, gesungen von Hêvîn, bei denen ich sofort ein Stechen im Herzen fühle: „Ez ji te dûr im / Tu ji min dûr î“ (Ich bin fern von dir / Du bist fern von mir) heißt es in dem Lied, das die Zuschauer*innen im Laufe des Films mehr als einmal hören werden. Wie in vielen kurdischen Liedern geht es um das Heimatdorf, um Berge und Natur. Um die Jahreszeiten, die kommen und vergehen, während die…