Wer will ich sein?
Von
Von Aida Baghernejad
Fotos: Giulia Savorelli
Ich habe Musik nicht mehr genießen können, es war nicht mehr dieser Zufluchtsort für mich, der es mal war“, erzählt Nilüfer Yanya. „Es hat mich nicht mehr begeistert.“ Kein Satz, den man ausgerechnet von einer Musikerin erwartet, einer Musikerin, die gerade kurz vor der Veröffentlichung ihres zweiten Albums steht. Aber Nilüfer Yanya gibt nicht viel auf Erwartungen. Und erst recht nichts darauf, ihnen zu entsprechen. Vor drei Jahren erschien ihr Debütalbum „Miss Universe“ – die Kritik war begeistert. „Das Universum gehört Nilüfer Yanya“, schrieb „Noisey“, für „Pitchfork“ und „The Guardian“ gehörte es sowieso zu den besten Alben des Jahres, es folgten Auftritte etwa bei den „Tiny Desk Concerts“ beim US-amerikanischen NPR und Konzerte auf der ganzen Welt. Anfang 2020 hatte Yanya gerade eine Tour in Australien und Ostasien absolviert. Und dann, na ja, dann kam die Sache mit der Pandemie, die die Welt auf den Kopf stellte und uns immer noch beschäftigt. Was für andere junge Musiker*innen vielleicht die absolute Katastrophe gewesen wäre, war für
Nilüfer Yanya so etwas wie eine fremdbestimmte, aber gar nicht mal so unwillkommene Notbremse: „Ich glaube nicht, dass ich so hätte weitermachen können“, erzählt sie. Alles war schnell, groß, viel Druck, viele Ansprüche, die an allen Ecken und Enden an der heute 26-Jährigen zerrten. Schließlich ist das nicht so leicht mit einer Karriere im Musikbusiness und wenn sich so eine Chance bietet, so eine Liebe vom Publikum kommt, sollte man besser Ja sagen und sie mit beiden Händen packen – sonst kommt sie vielleicht nie wieder. Und dann macht man eben Dinge, mit denen man sich gar nicht wohlfühlt. Wie bspw. Welttourneen zu spielen, wenn man gar nicht gerne immer auf der Bühne steht und alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. „Ich glaube nicht, dass ich es je wirklich vermissen werde, auf der Bühne zu stehen – es ist ziemlich beängstigend“, gibt Yanya zu. „Natürlich spiele ich gern live, weil ich es liebe, Musik zu machen. Aber sich dazu zu überwinden, auf die Bühne zu steigen – ich würde es nicht tun, wenn i…