Von Juliane Streich

Es tut ein bisschen weh, „Wir waren wie Brüder“ von Daniel Schulz zu lesen. Denn hart sind die Sitten, die Sprache, die Typen in den Neunzigern, auf dem Land irgendwo in Brandenburg, wo es das alte System nicht mehr gibt und das neue nicht funktioniert.
 Dass nach dem Feuerwerk der deutschen Einheit die gute Laune in großen Teilen der ehemaligen DDR schnell verschwunden war, ist inzwischen oft Thema in den deutschen Feuilletons – auch deswegen, weil diese Zeit ihre Schatten bis ins Heute wirft. Daniel

Schulz – Co-Chef des Ressorts „Reportage und Recherche“ bei der „taz“ – hat lange geschwiegen, aber dann mit seinem Essay „Wir waren wie Brüder“ die Gemüter bewegt, weil er darin von Glatzen erzählt, die einen fertigmachen wollen, von Erwachsenen, die nicht mehr wissen, wie und wovon sie jetzt leben sollen, und von Kindern, die Judenwitze reißen. Nun hat er den gleichnamigen Roman nachgelegt: seine persönliche Geschichte der Neunziger, die beispielhaft davon handelt, was abging in den Köpfen und auf der Straße. Schulz erzählt in kurzen Episoden, wie er als Jugendlicher vor den Nazis wegrannte, aber auch, wie er mit anderen Nazis abhing, weil sie aus seinem Dorf waren, auf seiner Schule, Freunde halt. Oder „Brüder“, wie es die dort damals sehr beliebte Rechtsrockband Böhse Onkelz pathetisch nannte.

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